Psychoonkologie

Erstmal geht‘s ums überleben

Psychoonkologen bieten Krebspatienten schon früh ihre Hilfe an. Oft dauert es aber, bis sich diese darauf einlassen können.

Eine Krebsdiagnose stellt das Leben komplett auf den Kopf. Nichts ist danach mehr so wie vorher. Im Vordergrund steht zunächst immer die medizinische Behandlung. Das ist auch den meisten Patienten sehr wichtig. Sie möchten, dass schnell etwas unternommen wird, um den Krebs zu bekämpfen. Außerdem muss das Leben neu organisiert werden, denn der Patient fällt voraussichtlich für längere Zeit aus. Dabei vergisst er oft, sich um sich selbst zu kümmern.

Schon in dieser frühen Phase stehen in der Regel Psychoonkologen bereit und bieten den Patienten ihre Hilfe an. Sie stoßen aber meist auf taube Ohren. „Den Patienten geht es in dieser Phase erst einmal ums Überleben“, sagt Dr. Christine Alterhoff. Sie arbeitet als psychologische Psychotherapeutin in der Psychoonkologie der EOS-Klinik in Münster. Hier bietet sie ambulante psychologische Betreuung für Krebspatienten an.

Wenn die Angst kommt

Häufig melden sich Patienten bei ihr, wenn sie die Krebstherapie mehr oder weniger hinter sich haben. Denn oft ist das die Zeit, in der die Ängste kommen. Die Patienten denken darüber nach, wie es weiter geht. Hinzu kommt die Angst, dass der Krebs wieder kommt. Einige haben auch mit Depressionen zu kämpfen. Sie leiden zum Beispiel darunter, dass sie nicht mehr so belastbar sind wie vor der Erkrankung.

Die Hemmschwelle, sich psychoonkologische Hilfe zu holen, ist groß. Viele versuchen, selbst damit klar zu kommen. Hinzu kommt, dass sie ihre Angehörigen schützen und keine Schwäche zeigen möchten. „Das kann aber kippen“, weiß Christine Alterhoff. Kommen die Patienten nach der Therapie zur Ruhe und denken mehr über das Geschehene und die Zukunft nach, schaffen es viele nicht mehr, die Fassade aufrecht zu erhalten.

Oft zeigen sich Niedergeschlagenheit, Erschöpfung und gewisse Einschränkungen im Alltag erst, wenn der Patient wieder im gewohnten Umfeld ist. Dann kann es gut tun, mit einem Außenstehenden darüber zu sprechen. Als Therapeutin hat Dr. Christine Alterhoff eine ganz andere Stellung zum Patienten als Angehörige und Freunde es haben. Bei ihr muss er nicht stark sein. Hier kann er alles frei erzählen, ohne sich zu sorgen, den anderen damit zu sehr zu belasten.

Jeder Krebspatient hat das Recht auf eine Psychoonkologische Therapie

Eine psychoonkologische Betreuung steht jedem Krebspatienten offen. Meist nehmen Therapeuten schon in der Klinik Kontakt zu den Krebspatienten auf. Auch in der Rehabilitation gibt es entsprechende Angebote. Wer erst später den Wunsch hat, sich mit einem Therapeuten zu unterhalten, kann sich an Krebsberatungsstellen oder an den behandelnden Onkologen wenden. Diese werden einen Kontakt vermitteln. Für die Therapie ist eine Überweisung erforderlich, die der Onkologe oder der Hausarzt in der Regel problemlos ausstellt.

Zu Beginn der Therapie formulieren Dr. Alterhoff und ihre Kollegen gemeinsam mit den Patienten ganz individuelle Ziele. Sie helfen beispielsweise dabei, gute Tagesstrukturen zu finden, um Symptome wie Erschöpfung abzumildern.

Oft wird auch über Zukunftsängste oder die Angst vor dem Fortschreiten der Erkrankung gesprochen. „Wir reden auch über den Tod und das Sterben“, sagt Dr. Alterhoff. Sie möchte dem Patienten Hilfen aufzeigen, damit umzugehen. Viele Patienten erleben es letztlich als hilfreich, sich den eigenen Ängsten zu stellen und einen persönlich stimmigen Umgang damit zu finden.

In der Therapie bekommen aber auch schöne Dinge des Lebens viel Raum. Ziel ist es, positives Erleben zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern.

Die Dauer der Therapie ist ganz unterschiedlich. Dr. Alterhoff arbeitet mit den Patienten, bis die gemeinsam gesteckten Zeile erreicht sind. Häufig finden die Termine zunächst in kurzen Abständen von etwa einer Woche statt. Später werden die Abstände dann immer länger.

Lesen Sie im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, Folge 29 vom 19.07.2018, auf den Gesundheitsseiten die Reportage über eine Krebspatientin, die sich trotz ihrer Zweifel auf eine psychoonkologische Therapie eingelassen und von ihren positiven Erfahrungen damit berichtet, oder hier online:

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