Ernährung
Ernährungsreport zeigt, wie wir essen
Wir essen etwas weniger Fleisch, achten stärker auf die Herkunft unserer Lebensmittel und wünschen uns mehrheitlich ein staatliches Tierwohllabel. Das sind einige der Ergebnisse des aktuellen Ernährungsreports.
Eines bleibt immer gleich: Wir essen vor allem das, was wir gerne mögen. Das zeigt der aktuelle Ernährungsreport 2020, den das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) am vergangenen Freitag veröffentlicht hat. Geringe Veränderungen zum Vorjahr gibt es beim Fleischverzehr und beim Konsum von Fleischersatzprodukten.
Für den Ernährungsreport hat das BMEL 1001 Bundesbürger ab 14 Jahren zu ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten befragt.
- Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl von Lebensmitteln ist bei 98 % der Befragten der Geschmack.
- 90 % legen Wert darauf, dass das Essen gesund ist. Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert.
- Bei 70 % der Befragten kommt Obst und Gemüse täglich auf den Tisch. 2015 waren es noch 76 %. Milch und Milchprodukte essen 70 % täglich, das sind fünf Prozentpunkte mehr als 2016.
Fleisch gibt es nicht mehr jeden Tag
- Verringert hat sich der Anteil der Befragten, die täglich Fleisch und Wurst essen. Waren es 2015 noch 34 %, sind es jetzt 26 %.
- 55 % der Befragten bezeichnen sich als Flexitarier. Diese Menschen essen nur gelegentlich Fleisch. Die Zahl der Vegetarier liegt gleichbleibend bei 5 %, die der Veganer bei 1 %.
- Vegane oder vegetarische Fleischalternativen kommen bei 5 % der Menschen häufiger auf den Teller. Drei Viertel davon gaben Neugier als Grund dafür an. Knapp die Hälfte kauft die Produkte aus Tierschutzgründen.
- Die Herkunft der Lebensmittel spielt für immer mehr Menschen eine große Rolle. Aktuell geben 83 % an, dass sie Wert auf regionale Produkte legen. 2015 lag dieser Wert bei 76 %.
- Auf die Frage nach ihren Wünschen an die Landwirte wurde mit 66 % am häufigsten die artgerechte Tierhaltung genannt. An zweiter und dritter Stelle folgten faire Löhne (64 %) und gute Qualität (63 %)
- 86 % würden es befürworten, wenn Fertiglebensmitteln weniger Zucker zugesetzt werden würde, auch wenn die Produkte dann weniger süß schmecken. Gut die Hälfte der Befragten gab zudem an, beim Kauf immer oder meistens auf den Zuckergehalt zu achten.
- Gefragt danach, mit welchen Maßnahmen die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung am ehesten sichergestellt werden kann, geben 86 % die Reduktion von Lebensmittelabfällen an. 82 % sprechen sich für den Konsum von Produkten, die regional erzeugt oder hergestellt wurden, aus. Die Verringerung des Fleischkonsums der Bevölkerung halten 74 % für eine geeignete Maßnahme.
Jeder Zweite achtet auf das Tierwohllabel
- Auf das Tierwohllabel achten aktuell 48 % der Befragten beim Einkauf. 2015 waren es nur 36 %. Ein staatliches Tierwohllabel würden 81 % der Befragten begrüßen.
- 45 % gaben an, für ein Stück Fleisch, dass bei herkömmlicher Produktion 10 €/kg kosten würde, bis zu 15 €/kg zu bezahlen, wenn dieses von Tieren stammt, die besser gehalten worden sind, als das Gesetz es vorschreibt. Bundesministerin Julia Klöckner zeigt sich erfreut über diese verbale Bereitschaft. „Leider sieht es an der Ladentheke oftmals noch anders aus“, schränkt sie aber ein.
Ministerin sieht sich auf dem richtigen Weg
Insgesamt zieht die Ministerin ein positives Fazit aus dem Report: „Der Bericht zeigt, dass unsere politischen Schwerpunkte die Themen sind, die den Verbrauchern wichtig sind: vom Tierwohl über transparente Kennzeichnung und die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung bis hin zu Regionalität."
Kritische Themen ausgeblendet
Von einigen Organisationen, Verbänden und Parteien kam Kritik an der Aussagekraft und der Deutung des Ernährungsreports. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) weist beispielsweise darauf hin, dass über die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig ist. Das würden der Report und die zuständige Ministerin weitgehend ausblenden. Stattdessen würde sie ein "fast schon rosarotes Bild der Ernährung in Deutschland" zeichnen. Wichtige Fragen seien - bewußt oder unbewusst - ignoriert worden, wie der Konsum der besonders problematischen Softdrinks.
Verpflichtende Standards statt freiwillige Selbstverpflichtung
Die Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) bezeichnete den Report als "ernährungspolitischen Offenbarungseid für den Berichtszeitraum 2016 bis 2020". Er zeige, wie wenig sich Deutschland bisher um den nachhaltigen Umbau unseres Ernährungssystems bemüht habe.
Verlässliche, verpflichtende Standards und Kennzeichnungen, die Klarheit beim Einkauf schaffen, sowie ein gesünderes Lebensmittelangebot forderte die ernährungspoltische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Ursula Schule. Freiwillige Selbstverpflichtungen würden nicht ausreichen.
Corona verändert den Ernährungsalltag
Für den aktuellen Ernährungsreport wurden die Menschen auch danach befragt, wie sich die Corona-Pandemie auf ihr Ernährungsverhalten auswirkt. Etwa jeder Dritte gab an, jetzt mehr selbst zu kochen als zuvor. Dabei verwenden sie mehr frische Zutaten als vor der Krise. 12 % gaben an, jetzt häufiger Angebote von Landwirten vor Ort, zum Beispiel Hofladen oder Straßenverkauf, zu nutzen. Für 39 % der Befragten hat die heimische Landwirtschaft durch die Krise an Bedeutung gewonnen.
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