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EMS-Training: Sport unter Strom

Nur 20 Minuten EMS-Training in der Woche sollen das übliche Sportprogramm ersetzen können. Wir haben nachgehakt. Ganz so einfach ist es nicht.

Wer fit sein will, muss Sport treiben. Das kostet aber Zeit. Verlockend sind Angebote, die versprechen, den Körper in nur 20 Minuten pro Woche fit zu machen. EMS-Training heißt das Programm, mit dem jetzt viele Fitness-Studios werben. Was steckt dahinter? Wir haben Dr. Heinz Kleinöder, EMS-Experte an der Deutschen Sport­hochschule in Köln, gefragt.

Was ist EMS?

EMS steht für Elektromyo-Stimulation. Dabei wird elektrischer Strom in den Körper geleitet. Durch die elektrischen Impulse werden die Muskeln im Körper zusätzlich stimuliert und so der Trainingseffekt gesteigert. Gleichzeitig werden die Muskeln angeregt, zu wachsen. Wahlweise können bestimmte Muskelpartien oder auch der ganze Körper stimuliert werden.

EMS in der Physiotherapie

EMS-Training ist nichts Neues. In der Physiotherapie kommt es zum Beispiel zum Einsatz, wenn Muskeln nach einer Operation vor dem Abbau geschützt oder wieder aufgebaut werden sollen.

Relativ neu ist das Ganzkörper-EMS-Training, das viele Fitness-Studios für sich entdeckt haben. Für das Training schlüpft der Kunde in einen speziellen Anzug. Darauf befinden sich an verschiedenen Bereichen Elektroden, die über Kabel mit einem Steuergerät verbunden werden. Über dieses Steuergerät lässt sich die Stärke der elektrischen Impulse für alle ­Muskelpartien, zum Beispiel Rücken, Bauch, Brust oder Beine, separat einstellen.

Intensität an den Kunden anpassen

Vor dem Start des Trainings sollte ein Übungsleiter mit dem Kunden besprechen, welche Ziele dieser mit dem Training erreichen möchte und welche Vorerkrankungen oder körperliche Einschränkungen möglicherweise vorliegen. Erst dann sollte der Kunde unter Anleitung des Trainers langsam und mit niedriger Frequenz mit dem EMS-Training beginnen.

Trotz eines langsamen Einstiegs kann es nach den ersten Trainingseinheiten zu Muskelkater kommen. Denn der elektrische Reiz erreicht auch Muskelgruppen, die beim herkömmlichen Training oder im Alltag nur selten aktiviert werden.

Entschieden warnt Dr. Kleinöder vor falschem Ehrgeiz. Vor allem junge Männer neigen dazu, den elektrischen Impuls möglichst hoch einzustellen. Das kann dazu führen, dass die Muskeln zu sehr beansprucht werden und es zu Schmerzen kommt.

Gut für ältere Menschen

Besonders gut geeignet ist das EMS-Training für ältere Menschen. Ein großer Vorteil ist, dass die Muskeln angeregt werden, ohne dabei die Gelenke zu belasten. Auch bei Osteoporose oder zur Sturzprophylaxe eignet sich das Training.

Für übergewichtige Menschen, die abnehmen möchten, kann das EMS-Training zwar unterstützend sinnvoll sein. Als alleinige Maßnahme reicht es aber nicht aus, sagt Dr. Kleinöder.

Kontraindikationen sind vergleichbar zu anderen Krafttrainingsformen. Bei schweren Krankheiten, wie Krebs oder neurologischen Krankheiten, oder in der Schwangerschaft ist vom intensiven EMS-Training abzuraten. Die Kosten für eine EMS-Trainingseinheit liegen bei etwa 20 bis 35 €.

Minimalprogramm für den Körper

Aber kann EMS-Training nun tatsächlich das üblich Sportprogramm ersetzen? In dem Punkt ist Dr. Kleinöder vorsichtig. Für Menschen mit wenig Zeit hält er das EMS-Training durchaus für eine gute Trainingsform. Regelmäßig angewandt kann es für eine Grundfitness sorgen. Dafür empfiehlt der Experte das Training zweimal pro Woche. Aber: Das EMS-Training kann keinen Waldlauf ersetzen. Denn es trainiert nur wenig die Ausdauer. Vielmehr stellt es ein Minimalprogramm für den Körper dar.

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