Beim Leistenbruch tritt Gewebe oder Eingeweide durch eine angeborene oder erworbenen Lücke in tragende Schichten der Bauchwand. Vor allem Männer haben damit zu tun. Sie sind neunmal häufiger betroffen als Frauen. Oft tritt ein Leistenbruch, auch Hernie genannt, beidseitig auf.
{{::tip::standard::Folgende Faktoren erhöhen das Risiko für einen Leistenbruch und sollten, wenn möglich vermieden werden:
- starker Druck im Bauchraum etwa durch starkes Husten bei Asthma, COPD oder chronischer Bronchitis;
- starkes Übergewicht;
- schwere körperlicher Arbeit sowie Verstopfung und damit verbunden starkes Pressen beim Stuhlgang;
- Unterernährung, Eiweißmangel, Tumorleiden;
- (angeborene) Bindegewebsschwäche;
- dauerhafte Kortisontherapie.::}}
Zu Beginn macht sich ein Bruch oft nur durch ziehende Schmerzen in der Leistengegend oder auf Druck bemerkbar. Bei einigen Patienten bleibt er zunächst auch schmerzfrei. Bei körperlicher Belastung, längerem Stehen und Heben kommt es dann meist zu stärkeren Beschwerden.
Je nach Ausmaß des Leistenbruchs können die Schmerzen bis in die Hoden strahlen, bzw. bei der Frau bis in die Schamgegend, und Schwellungen verursachen. Muss ein Leistenbruch dann gleich operiert werden? Dr. Daniel van der Kemp vom St. Vincenz-Hospital Coesfeld kennt sich aus. Er ist Facharzt für Allgemein-, Viszeral- und spezielle Viszeralchirurgie und Leiter des Hernienzentrums.
Bei Symptomen den Leistenbruch operieren
Ist die Bruchstelle noch klein und treten keine Symptome auf, kann zunächst einmal abgewartet werden. Ein solcher Bruch lässt sich durch sanften Druck von außen meist auch wieder zurückdrücken. „Ein Bruch heilt jedoch nie von selbst und wird im Laufe der Zeit immer größer“, sagt Dr. Daniel van der Kemp.
Dann besteht die Gefahr, dass Darmabschnitte durch die Lücke der Bauchwand in den Bruchsack gelangen und dort einklemmen. Eine solche Inkarzeration kann ganz plötzlich eintreten, etwa bei starker Belastung des Unterbauchs. Der Bruch lässt sich dann nicht mehr durch sanften Druck von außen zurückdrängen, der Patient hat plötzlich starke Schmerzen mit Übelkeit und Erbrechen.
„In diesem Fall muss sofort operiert werden, um den Darmabschnitt zu befreien, sonst drohen lebensgefährliche Komplikationen wie Darmverschluss und Entzündungen der Bauchorgane oder des Bauchfells“, erklärt der Chirurg. Dem sollte man mittels eines geplanten Eingriffs rechtzeitig zuvor kommen.
Offenes OP-Verfahren beim Leistenbruch
Es gibt verschiedene Operationsmethoden. Bei allen wird der Darmabschnitt zurück in den Bauchraum geschoben. Die Lücke in der Bauchdecke wird verschlossen und in der Regel durch ein Kunststoffnetz verstärkt.
„Diese Netze sind zum Großteil teilresorbierbar und sollen das körpereigene Narbengewebe verstärken“ erklärt Dr. van der Kemp. Wichtig sei, dass diese großflächig eingesetzt werden. Ein Bruch von 5 cm Breite sei mit einem Netz in Größe von 15 x 15 cm zu versorgen.
- Bei der offenen Operation erfolgt dazu ein Schnitt in die Leiste. Darmanteile werden in die Bauchhöhle geschoben, der überschüssige Bruchsack entfernt und das Bauchfell verschlossen. Anschließend wird die Bauchwand bestehend aus Muskulatur, Fettgewebe und Haut, versorgt. Anschließend wird die Bauchwand versorgt:
- Die Lücke in der Bauchwand wird ggf. mit einer Naht verschlossen und zwischen den Muskelschichten der Bauchwand ein Kunststoffnetz eingesetzt.
- In manchen Fällen kommt auch ein Leistenband zum Einsatz, das mit den Bauchmuskeln vernäht wird, um die Bauchwand zu verstärken. Wird das Band um den Samenstrang herum bis zu den Schambeinknochen gelegt, kann es zu Nervenschädigungen und infolge dessen zu Missempfindungen, wie Schmerzen, Brennen oder Druckgefühl, kommen. „Werden die betroffenen Nerven gleich bei der OP gekappt, lassen sich diese Fehlimpulse verhindern“, informiert Dr. van der Kemp. Allerdings nehme man dann in Kauf, dass die Region im Narbenbereich taub bleibe.
- In Ausnahmefällen wird ein Leistenbruch auch nur durch eine Raffung und Verdopplung von Anteilen der Bauchwand repariert.
Je nach Verfahren sind offene Operationen in örtlicher Betäubung möglich, oft auch ambulant.
Minimalinvasive Operation beim Leistenbruch
Bei minimalinvasiven Verfahren leitet der Chirurg über einen 1 cm kleinen Schnitt im Bauchnabel eine Kamera mit Lichtquelle in die Bauchhöhle. Im Rahmen der Bauchspiegelung, auch Laparoskopie genannt, wird die Bauchhöhle mit CO2-Gas aufgebläht.
{{::tip::standard::Nach dem operativen Eingriff sind einige Verhaltensregeln zu beachten:
- Zwei Wochen Schonung mit schmerzangepasster Belastung;
- Alles, was nicht weh tut, ist erlaubt. Wichtig ist es, sich zu bewegen;
- Spazierengehen, Auto- und Radfahren sowie leichte Hausarbeiten und sitzende Tätigkeiten sind uneingeschränkt möglich;
- Für etwa drei Wochen schwere körperliche Arbeit und intensiven Sport unterlassen;
- Nach zwei bis drei Wochen ist der Patient in der Regel wieder voll arbeitsfähig;
- Nach endoskopischer Operation ist Vollbelastung häufig eher möglich.::}}
Über zwei kleine Schnitte seitlich auf Nabelhöhe werden chirurgische Instrumente eingeführt. Dann lässt sich das Bauchfell öffnen und ein Kunststoffnetz zwischen Bauchwand und Bauchfell einlegen. Der Eingriff erfolgt bevorzugt stationär und in Vollnarkose.
„Gut geeignet ist dieses Verfahren, wenn beidseitige Leistenbrüche in einem Griff behandelt werden sollen“, erklärt der Chirurg. Auch sieht der Experte den minimalinvasiven Eingriff als das Mittel der ersten Wahl bei Rückfällen nach einer offenen Versorgung und bei Leistenbrüchen bei Frauen. Der Eingriff ist zwar technisch aufwendiger, hinterlässt aber kleinere Narben und Patienten kommen schneller wieder auf die Beine.
„Bei dem Eingriff kommen uns auch nicht so schnell Nerven ins Gehege, die für einen chronischen Leistenschmerz zuständig sind. Dafür müssen wir auf andere Nervenäste Acht geben“, sagt der Chirurg. Für beide Operationsverfahren gebe es Vor- und Nachteile, die individuell mit dem Patienten abzuwägen sind.
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