Digitale Fitness-Kontrolle

Fitness-Armbänder sollen zu mehr Bewegung motivieren, dabei wichtige Körperdaten überwachen und uns so zu einem gesünderen Lebensstil verhelfen.

Hochmotiviert sind Sie mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren, das neue Fitness-Armband am Handgelenk. Prompt erkennt die mit dem Armband verbundene Smart­phone-App die Bewegung lobend an.

Doch kaum sitzen Sie am Schreibtisch und sind in die Arbeit versunken, ploppt auf dem Handy ein Fenster auf das mahnt: „Wo sind Sie? Sie haben sich 90 Minuten lang nicht bewegt. Sie könnten jetzt vielleicht 20 Minuten Seilspringen.“ Zukunftsvisionen? Nein – solche Armbänder, auch „Tracker“ genannt, erobern seit einigen Jahren den Fitness-Markt.

Gedacht sind sie als Motivationshilfe, um sich mehr zu bewegen. Denn die Armbänder messen zum Beispiel jeden Schritt und merken, wenn Sie sich längere Zeit gar nicht bewegt haben. Einige Geräte können darüber hinaus aber noch viel mehr. Neben sinnvollen Funktionen wie der Kontrolle des Blutdrucks gibt es auch weniger nützliche Spielereien. Wir haben mit Prof. Dr. Ingo Froböse, Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule Köln, darüber gesprochen, für wen solche Armbänder geeignet sind und worauf dabei zu achten ist.

Messwerte ohne Grenzen

Wer sich für ein Fitness-Armband interessiert, hat die Qual der Wahl zwischen ganz unterschiedlich arbeitenden Geräten. Einige funktionieren unabhängig von anderen Geräten wie Smartphones oder Tablets. Diese Armbänder haben ein kleines Display, auf dem zum Beispiel die zurückgelegten Schritte angezeigt werden. Solche Tracker haben eher wenige Funktionen. Prof. Froböse empfiehlt eher Armbänder, die sich mit einer kostenlosen Smartphone-App verbinden lassen. Solche Bänder bieten nicht nur mehr Funktionen. Sie ermöglichen es dem Nutzer auch, seine Messdaten zu protokollieren und –wenn er das möchte – mit anderen zu vergleichen.

Bei der Qualität der Armbänder und der dazugehörigen Apps gibt es erhebliche Unterschiede. Die Hersteller werben mit immer neuen Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten. Einen Schrittzähler hat jedes Gerät. Darüber hinaus kann der Nutzer je nach Gerät zum Beispiel den Blutdruck messen, seinen Schlaf überwachen, Sitzzeiten kontrollieren oder seine Ernährung protokollieren und auswerten.

„Dabei werden manche Messwerte nur deshalb populär, weil sie messbar sind, und nicht, weil sie sinnvoll sind“, sagt Prof. Froböse. So gibt es beispielsweise ein Zusatzgerät für das Ohr, dass neben anderen Funktionen auch die Körpertemperatur misst – seiner Meinung nach nur deshalb, weil das im Ohr zufällig gut möglich ist. Da stellt sich schon die Frage, welchen Nutzen der Anwender davon hat.

Teils ungenaue Messwerte

Die Macher der Fitness-Armbänder denken aber schon weiter. Prof. Froböse geht davon aus, dass die mobilen Geräte künftig mithilfe von Lichtreflektion zum Beispiel auch den Blutzucker- oder den Cholesterinspiegel selbstständig ermitteln können. Für Diabetiker könnte das eine große Hilfe sein. Doch das ist noch Zukunftsmusik.

Ein großes Problem ist derzeit noch die Messgenauigkeit. Prof. Ingo Froböse hat die Erfahrung gemacht, dass die angezeigten Werte bis zu 20 % vom tatsächlichen Wert abweichen können. Außerdem registrieren manche Geräte es nicht als Bewegung, wenn der Nutzer Fahrrad fährt oder schwimmt. Denn viele Geräte messen die Bewegung anhand von Körperschwerpunktbewegungen. Beim Fahrradfahren bewegen sich aber nur die Beine.

Wer aber nutzt diese Fitness-Armbänder nun tatsächlich? Zur Erinnerung: Sie sollten eigentlich bewegungsarme Menschen zu mehr Aktivität motivieren. Die Praxis sieht anders aus. Nutzer dieser Tracker sind vor allem durchtrainierte Männer, stellt der Sportwissenschaftler fest. Sie nutzen sie, um sich selbst zu Höchstleistungen anzuspornen und ihre Messdaten mit anderen zu vergleichen. „Diese Leute brauchen die Armbänder nicht“, meint Prof. Froböse.

Sinnvoll findet er die Geräte für Neueinsteiger, die nach langer Pause oder ganz neu mit dem Sport beginnen. Die Geräte können ihnen Orientierung geben, wie viel sie sich tatsächlich bewegen und wie ihr Körper auf die Bewegung reagiert.

Auf den Körper hören

Nach einiger Zeit sollten aber auch diese Personen das Armband ablegen. Denn der Sportwissenschaftler sieht in der neuen Entwicklung ein großes Problem: Sie lenkt den Nutzer vom eigenen Körperbewusstsein ab. Die Menschen vertrauen nicht mehr auf die eigene Körperwahrnehmung. „Sie bewegen sich nicht für sich, sondern für das Gerät.“ Wul