Etwa jeder vierte Diabetiker muss damit rechnen, dass die Filterleistung seiner Nieren irgendwann nachlässt. Welche Folgen eine eingeschränkte Nierenleistung hat und wie der Diabetiker seine Nieren schützen kann, das erläuterte Nelli Sabau, Assistenzärztin am Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen, während eines Patienten-Seminars.
Wer ist gefährdet?
Ob bei einem Diabetiker die Nieren in Mitleidenschaft gezogen werden, hängt von vielen Faktoren ab. Einige davon sind beeinflussbar, andere nicht. Zu den nicht beeinflussbaren Faktoren gehören
- die Dauer der Diabeteserkrankung,
- ein Beginn des Diabetes vor dem 20. Lebensjahr,
- ein höheres Alter,
- das männliches Geschlecht,
- eine gleichzeitige Erkrankung an der Netzhaut im Auge,
- eine genetische Belastung.
Dagegen sind beeinflussbare Risikofaktoren zum Beispiel eine gute Blutzucker- und Blutdruckeinstellung, gute Blutfettwerte, Normalgewicht und Rauchverzicht.
Wie gesunde Nieren arbeiten
Die primäre Aufgabe der Nieren ist es, das Blut zu reinigen. Am Tag fließen etwa 1800 l Blut durch das Organ.
Gefiltert wird das Blut in winzigen Nierenkörperchen in der Nierenrinde, die aus einer Bowman-Kapsel mit darin enthaltenem Blutgefäßknäuel, dem Glumerulus, bestehen. Die Gefäßwände im Glomerulus sind für bestimmte Blutbestandteile durchlässig, zum Beispiel Harnstoff, Elektrolyte und Wasser. Die roten und weißen Blutkörperchen und das Albumin, also das Bluteiweiß, können bei einer gesunden Niere nicht durch die Gefäßwände austreten.
Die herausgefilterten Stoffe werden als Primärharn bezeichnet. Davon produzieren die Nieren am Tag knapp 180 l. Dieser Primärharn gelangt über die Nierenkanälchen in das Nierenmark. Dabei werden viele Bestandteile und fast die gesamte Flüssigkeit wieder zurückresorbiert und bleiben so dem Körper erhalten.
Ein geringer Teil ausscheidungspflichtiger Substanzen wird auch über die Nierenkanälchen aufgenommen. Der so entstandene Urin gelangt schließlich über die Harnleiter in die Blase. Etwa 1,5 bis 2 l Urin scheidet der Mensch durchschnittlich am Tag aus.
So schädigt Diabetes die Nieren
Die diabetische Nephropathie, wie die Nierenschädigung infolge Diabetes genannt wird, ist ein schleichender Prozess. Hohe Blutzuckerwerte führen zu Veränderungen der Blutgefäßknäuel in der Nierenkörperchen, den Glomeruli.
Dadurch werden die Gefäßwände durchlässiger. Das führt zum Beispiel dazu, dass Albumin, das beim Filtern des Blutes eigentlich im Blut bleibt, in den Primärharn gelangt. Das wiederum kann Entzündungen in den Glomeruli auslösen. Infolge der anhaltenden Entzündung kommt es zu einem Funktionsverlust der Glomeruli.
Unerwünschte Stoffe reichern sich an
Ist die Niere derart geschädigt, reichern sich Stoffe, die eigentlich ausgeschieden werden müssten, im Körper an. Gleichzeitig gerät der Wasser- und Elektrolythaushalt durcheinander – mit entsprechenden Folgen. Ist zum Beispiel zu viel Kalium im Blut, kann das zu Herzrhythmusstörungen führen. Auch die Blutbildung ist möglicherweise gestört.
Eine beginnende Nierenschädigung verursacht zunächst keine spürbaren Symptome. Ob die Niere geschädigt ist, zeigt zum Beispiel eine Untersuchung des Urins auf Albumin. Gegebenenfalls wird die Nierenfiltrationsrate, kurz GFR, bestimmt. Sie gibt an, wie viel Blut die Nieren pro Minute filtern. Liegt diese Rate unter 60 ml/Minute, ist die Nierenfunktion eingeschränkt.
Medikamentöse Therapien anpassen
Diabetiker, deren Nieren geschädigt sind, müssen besonders auf eine gute Blutzucker- und Blutdruckeinstellung achten. Unter Umständen kann es nötig sein, die bisherige Therapie zu verändern. Außerdem sollte eine eventuell bestehende Fettstoffwechselstörung behandelt werden.
Zu bedenken ist, dass durch die eingeschränkte Filterleistung der Nieren nicht nur Diabetesmedikamente, sondern auch viele andere Arzneimittel länger im Körper verbleiben. Das hat zur Folge, dass sie ihre Wirkung länger entfalten können. Doch auch die Nebenwirkungen machen dem Körper stärker zu schaffen. Gemeinsam mit dem Arzt ist deshalb zu überlegen, bei welchen Medikamenten die Dosis angepasst werden muss.
Ist die Niere sehr stark geschädigt, kann als Nierenersatztherapie eine Dialyse in Frage kommen, im Einzelfall bei Organversagen auch eine Nierentransplantation.
Das kann der Patient tun
Der Betroffene selbst hat viele Möglichkeiten, seine Niere möglichst lange gesund zu erhalten:
- Maximal 0,8 g Eiweiß pro kg Körpergewicht und Tag essen,
- salzarm ernähren,
- regelmäßig bewegen,
- auf das Rauchen verzichten,
- nierenschädigende Medikamente meiden. Beispielsweise wird das Schmerzmittel Diclofenac über die Niere abgebaut. Besser ist in dem Fall Paracetamol.
Wer diese Ratschläge beherzigt, hat gute Chancen, seine Nieren trotz Diabetes lange funktionsfähig zu erhalten.