Deutsche haben Fleischhunger

Mehr als 80 % der Deutschen essen mehrmals pro Woche Fleisch. Das ist ein Ergebnis des Ernährungsreports 2016, den das Landwirt­schafts­ministerium in der vergangenen Woche veröffentlicht hat.

Wie ernähren sich die Deutschen tatsächlich? Wo kaufen sie ein, was ist ihnen bei der Lebensmittelauswahl wichtig und wie gut fühlen sie sich über die Produkte informiert?

Diesen Fragen ging das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) im Ernährungsreport 2016 nach, den Landwirtschaftsminister Christian Schmidt in der vergangenen Woche vor­gestellt hat. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte dafür im Auftrag des BMEL im Oktober vergangenen Jahres 1000 Bundesbürger ab 14 Jahren befragt.

Vegetarier sind Minderheit

Ganz entgegen dem Eindruck, dass sich immer mehr Menschen vegetarisch oder vegan ernähren, zeigt dieser Report: Den Deutschen ist der Fleischhunger nicht vergangen. Bei 83 % der Befragten kommt mehrmals pro Woche Fleisch auf den Tisch. Besonders beliebt ist Fleisch und Wurst bei den Männern, 47 % essen es täglich. Bei den Frauen sind das nur 22 %. Gleichzeitig ernähren sich 6 % der Frauen fleischlos, während nur 1 % der Männer ganz auf Fleisch verzichtet.

Darüber hinaus liefert der Ernährungsreport eine Reihe weiterer, interessanter Ergebnisse:
Ihre eigene Ernährung schätzen die meisten Befragten als gut ein. 76 % der Frauen schaffen es nach eigenen Angaben zumindest meistens, sich im Alltag ausgewogen und gesund zu ernähren. Bei den Männern sind das mit 62 % deutlich weniger. Das wird auch am Obst- und Gemüsekonsum deutlich: Während 85 % der Frauen täglich zu diesen Lebensmitteln greifen, sind es bei den Männern nur 66 %.

Kochlust nur theoretisch

Widersprüchlich sind die Angaben zum Kochen: Zwar sagten 77 % der Befragten, sie würden gerne kochen. Tatsächlich schwingen sie den Kochlöffel aber eher selten. Nur 41 % der Deutschen kochen täglich. Es sind vor allem Frauen (51 %) und über 60-Jährige (50 %), die täglich am Herd stehen. Jeder fünfte Mann, aber nur 4 % der Frauen kocht so gut wie nie selbst.

Wer eine Unverträglichkeit auf bestimmte Nahrungsbestandteile, wie Laktose oder Gluten, hat, muss seine Ernährungsweise daran anpassen. Hier ließ der Report deutliche Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung erkennen: In Orten bis 20 000 Einwohnern leiden nur 9 % unter Allergien oder Unverträglichkeiten, in Großstädten ab 500 000 Einwohnern sind es dagegen 16 %.
Lightprodukte, die zum Beispiel als fettreduziert oder kalo­rienarm beworben werden, sind vor allem bei jungen Menschen beliebt. Jeder Vierte zwischen 14 und 29 Jahren gab an, häufig sol­-che Produkte zu verzehren. In der Gesamtgruppe war es etwa ein Fünftel.

Ihre Lebensmittel kaufen mehr als die Hälfte der Befragten (59 %) überwiegend im Supermarkt ein. Wochenmärkte, Hof- oder Bioläden spielen eher eine untergeordnete Rolle. Sie sind vor allem bei älteren Menschen beliebt.

Regionalität ist gefragt

Trotzt der Vorliebe für den Supermarkt steht die Regionalität der Lebensmittel nach dem Geschmack an zweiter Stelle bei den Kriterien zur Lebensmittelauswahl. 76 % der Befragten legt nach eigenen Angaben Wert darauf, dass ein Lebensmittel aus der Region kommt. Auch hier liegen die Älteren klar vorn mit 83 % bei den 45- bis 59-Jährigen bzw. 84 % bei den Befragten ab 60 Jahren.

Bei den 14- bis 19-Jährigen spielt Regionalität mit 43 % eine geringere Rolle. Diese Altersgruppe orientiert sich beim Lebensmitteleinkauf vor allem am Preis (72 %). Mit steigendem Alter spielt dieser dem Bericht zufolge nur noch bei gut der Hälfte eine wesentliche Rolle für die Kaufentscheidung.

Über das, was sie kaufen, fühlen sich 13 % der Befragten sehr gut und 63 % gut informiert. Angaben zu den Lebensmitteln erhalten die Verbraucher vor allem über Informationen am Einkaufsort (72 %) sowie über Etiketten und Siegel (60 %).

Mehr Geld für die Bauern

Groß ist das Vertrauen der Deutschen in Lebensmittel. Drei Viertel schätzten die Bedingungen, unter denen Lebensmittel in Deutschland erzeugt werden, als gut ein. 77 % sind davon überzeugt, dass die Lebensmittel sicher sind. Tatsache ist aber auch, dass 21 % der Befragten die Bedingungen zur
Lebensmittelproduktion als eher schlecht bzw. schlecht beurteilen. Mit 88 % wünschen sich die meisten Befragten eine größere Beachtung der artgerechten Haltung von Nutztieren. Gleichzeitig forderten 86 % eine bessere Bezahlung für Bauern.

Bedenken wegen der zunehmenden Technik in der Lebensmittelproduktion bestehen zwar bei einigen Menschen. Aber nur jeder Vierte ist der Meinung, dass hier weniger Technik zum Einsatz kommen sollte.
Bei der Frage, wie viel ihnen mehr Tierwohl wert wäre, gingen die Meinungen auseinander. Für 1 kg Fleisch, das bei herkömmlicher Produktion 10 € kosten würde, wären die Befragten im Durchschnitt bereit, 16,50 € zu bezahlen, wenn dafür das Tierwohlniveau angehoben würde. Für 7 % der Befragten käme ein höherer Preis eher nicht, für 2 % überhaupt nicht infrage.

Bei der Frage, wie eine gesündere Ernährung der Deutschen auf Dauer zu erreichen wäre, sprachen sich 92 % der Befragten für Ernährungsbildung als verpflichtendes Unterrichtsfach an Kitas und Schulen aus. Das entspricht dem Vorhaben von Minister Christian Schmidt, der Ernährung möglichst als eigenes Schulfach in den Lehrplänen etablieren möchte. Wul


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