Dem Antibiotikum was husten

Bei Erkältungen werden häufig Antibiotika verschrieben. Gegen Infekte mit Husten, Schnupfen und Halsschmerzen wirken sie aber meist nicht. Fast immer sind Viren für die Beschwerden verantwortlich.

Die Erfindung des Antibiotikums war ein Meilenstein in der medizinischen Forschung. Bei der Behandlung bakterieller Infektionen gibt es kein wirksameres Mittel.

Es ist jedoch ein Trugschluss zu glauben, dass jede Infektion mit einem Antibiotikum zu kurieren sei. Antibiotika wirken nur gegen Bakterien – nicht aber gegen Viren. Viren sind jedoch für die häufigsten Beschwerden in der Erkältungs- und Grippezeit verantwortlich. Sie verursachen zum Beispiel Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, Gliederschmerzen und Fieber. Es ist verständlich, dass Betroffene nach einem Mittel suchen, dass ihnen schnell wieder auf die Beine hilft. Antibiotika können das aber in den meisten Fällen nicht leisten.

Dennoch werden sie während der Erkältungszeit häufig verschrieben. Warum das so ist und welche Möglichkeiten es gibt, vernünftig mit einer Erkältung umzugehen, erklärte Dr. Philipp Müller, Chef­arzt an der Abteilung Innere Medizin der Paracelsus Klinik in Hemer, Märkischer Kreis, im Rahmen eines Informationsabends.

Vor Viren schützen

Es stimmt zwar, dass Antibiotika Viren nichts anhaben können. Schutzlos ausgeliefert sind wir ihnen dennoch nicht. Der menschliche Körper besitzt ein ausgeklügeltes Immunsystem, das uns auch vor diesen Krankheitserregern schützt, erklärt Dr. Müller. Zusätzlich bieten Grippeimpfungen einen guten Schutz. Allerdings ändern Viren ständig ihre Oberfläche. Unser Immunsystem kann ein Virus aber nur bekämpfen, wenn es den Erreger erkennt. Deshalb ist es wichtig, die Impfung Jahr für Jahr neu durchführen zu lassen. Jedes Jahr wird ein neuer Grippeimpfstoff entwickelt, der vor den jeweils aktuell am meisten verbreiteten Grippeviren Schutz bietet.

Wir haben aber noch mehr Möglichkeiten, dass Immunsystem zu unterstützen. Um uns vor einer Infektion zu bewahren, braucht es zum Beispiel Energie. Das bedeutet, dass unsere Kost ausreichend, ausgewogen und reich an Vitaminen, vor allem an Vitamin C, sein sollte. Von besonderer Bedeutung ist auch die Flüssigkeitszufuhr. Insbesondere Menschen, die bereits erste Erkältungssymptome haben, sollten viel trinken. Ebenso wichtig ist es, dass sie sich viel Ruhe gönnen. Das heißt: Keinen Sport treiben und kein Stress.

Sich Ruhe gönnen

Dazu sind viele nicht bereit, und genau darin liegt ein großer Fehler, den viele Erkältete machen: In den ersten Tagen, wenn die Beschwerden noch nicht so schlimm sind, gönnen sie sich keine Ruhe und gehen beispielsweise weiterhin zur Arbeit. „Schon in den ersten Tagen ist eine Erkältung ansteckend“, warnt jedoch Dr. Philipp Müller. Deshalb sollten infizierte Personen nicht arbeiten gehen und Menschenansammlungen meiden.

Die meisten Erkältungen haben einen charakteristischen Verlauf: Etwa drei Tage nach der Ansteckung treten die ersten Beschwerden auf. Es beginnt mit Halsschmerzen, dann folgt Schnupfen, oft begleitet von Gliederschmerzen und Fieber. Nach etwa sieben Tagen spürt der Erkrankte oft eine leichte Besserung. Dann aber kommt der Husten, der bis zu 18 Tage nach der Ansteckung dauern kann. Dieser Verlauf lässt sich auch durch eine Antibiotikagabe kaum beeinflussen.

Viele Betroffene suchen einen Arzt auf, wenn sie einige Tage unter Schnupfen, Fieber und Gliederschmerzen leiden. Nicht selten bekommen sie dann ein Antibiotikum. Tatsächlich stellen sie schon nach wenigen Tagen eine Besserung fest. Diese wäre voraussichtlich aber auch ohne das Medikament eingetreten. Nur in seltenen Fällen ist die Gabe eines Antibiotikums erforderlich, zum Beispiel bei einer Lungenentzündung. „Aber nur einer von 1000 Erkälteten bekommt eine Lungenentzündung“, erklärt der Mediziner.

Durchfall durch Antibiotika

Es gibt verschiedene Gründe, warum Antibiotika nicht leichtfertig eingenommen werden sollten. Eine unmittelbar spürbare Nebenwirkung ist oft Durchfall, der schon nach wenigen Tagen einsetzt. Antibiotika greifen nicht nur die krank machenden Bakterien an, sondern auch die Bakterien der Darmflora, die für eine geregelte Verdauung sorgen. Es kann lange dauern, bis sich die Darmflora davon erholt hat.

Nicht unmittelbar spürbar, aber vielleicht noch gravierender, ist die Gefahr, dass Bakterien Resistenzen gegen Antibiotika bilden. Bei einer tatsächlichen bakteriellen Infektion wirken die Mittel dann unter Umständen nicht mehr. Deshalb sollte die Einnahme von Antibiotika gut überlegt sein.

Hier sind Ärzte und Patienten gleichermaßen gefordert, vernünftig zu handeln. Stress in der Praxis führt allzu oft dazu, dass die Ärzte wider besseren Wissens Antibiotika verschreiben, um den Patienten zufriedenzustellen. Um das zu vermeiden, sollten Patienten Geduld haben. Viel Wahrheit steckt in dem Spruch: Eine Erkältung dauert ohne Arzt zwei Wochen und mit Arzt 14 Tage. Wul


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