Es gibt inzwischen zwar einen Impfstoff, der auch für junge Menschen ab 12 Jahren zugelassen ist. Doch eine allgemeine Impfempfehlung gibt die STIKO für diese Altersgruppe nicht. Viele Eltern sind deshalb unsicher, ob sie ihre jugendlichen Kinder impfen lassen sollten. Hilfreich für diese Entscheidung kann eine Studie sein, die zeigt, wie groß die Gefahr einer Covid-19-Erkrankung für Kinder und Jugendliche ist.
Wie viele Kinder an Covid-19 erkranken
Eine bundesweite Datensammlung, die auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) initiiert wurde, zeigt, dass Kinder und Jugendliche deutlich weniger schwer an Covid-19 erkranken als Erwachsene. An der Erhebung hatten sich bis Anfang Juni knapp 180 der bundesweit mehr als 350 medizinischen Zentren beteiligt, die Kinder und Jugendliche betreuen, erklärt Prof. Dr. Markus Knuf, Mitglied im Vorstand der DGPI.
Demnach wurden rund 1600 Kinder stationär wegen Covid-19 aufgenommen. Über die Hälfte der aufgenommenen Kinder waren Säuglinge und Kleinkinder. Die häufigsten Symptome, die zur Aufnahme führten, waren Fieber bzw. allgemeine Symptome, Atemwegssymptome, Komplikationen im Magen-Darm-Trakt sowie neurologische und Herz-Kreislauf-Symptome. Der überwiegende Teil der auf der Normalstation behandelten Kinder und Jugendlichen hatte keine Begleiterkrankungen.
Anders war dies bei den 5 % Kindern und Jugendlichen, die intensivmedizinisch behandelt werden mussten. Sie hatten vor allem Vorerkrankungen, die etwa die Atemwege betreffen oder neurologische Erkrankungen bzw. Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Erkrankungen. Auch zu früh geborene Kinder oder solche, deren körpereigenes Immunsystem unterdrückt wurde, zählten zu dieser Patientengruppe. Die meisten Kinder konnten als vollständig geheilt entlassen werden. Etwa ein Viertel wies Restsymptome auf.
Schwere Folgeerkrankungen sind eher selten
„Ob es so etwas wie Long-Covid bei Kindern und Jugendlichen gibt, wird derzeit in einer weiteren Registerstudie untersucht“, erklärt Prof. Dr. Markus Knuf. Erste Hinweise deuten aber darauf hin. Was man jedoch sehe, seien die multisystemischen inflammatorischen Systemfälle, PIMS genannt.
Dabei handelt es sich um eine Entzündungserkrankung, die verschiedene Organe betrifft und sich als schwere Folgeerkrankung bei Kindern, die sich mit Covid-19 infiziert haben, entwickeln kann. „Wir haben derzeit etwa 350 Fälle in Deutschland dokumentiert“, erklärt Prof. Knuf. (361 Fälle Stand 20.06.2021) Das sind vor allen Dingen Schulkinder und Jugendliche, die zu einem größeren Teil nicht gesund entlassen werden. „Mindestens 6 bis 10 % haben schwere Folgeerkrankungen“, informiert der Experte.
Insgesamt gesehen sind schwere Fälle von Covid-19 und auch PIMS-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen eher selten. Doch insbesondere Kinder mit chronischen Krankheiten und Vorerkrankungen scheinen ein erhöhtes Risiko dafür zu haben. Hierfür empfiehlt die STIKO derzeit auch eine Impfung.
Keine Impfempfehlung gegen SARS-CoV-2 für alle
Impfempfehlungen für Kinder unterscheiden sich aus guten Gründen von denen für Erwachsene. „Die Sicherheitsmaßstäbe, die an eine solche Impfung und einen solchen Impfstoff angelegt werden müssen, die sind anders als bei Erwachsenen mit Blick beispielsweise auf Langzeitfolgen, auf Interaktionen im Entwicklungsprozess und neurologischen Prozessen“, sagt Prof. Dr. Markus Knuf.
Er kann sich zwar vorstellen, dass die Impfempfehlung der STIKO in absehbarer Zeit angepasst wird. Derzeit sei die Datenlage, was die Impfstoffsicherheit angehe, aber nicht so ausgeprägt, dass man unbekümmert impfen würde. Trotzdem sei es nachvollziehbar, dass man Risikokinder impfe. „Das ist ein Schritt in einer Impfempfehlungsdynamik – nachvollziehbar – aber sicher nicht in Beton gegossen.“
Zur Datenlage
Zur Impfung gegen Covid-19 liegt laut DGPI (Stand 10. Juni) lediglich ein zugelassener Impfstoff bei 12- bis 15-Jährigen vor. Insgesamt wurden 2260 Kinder und Jugendliche dieser Altersgruppe in die Studie eingeschlossen, wobei 1131 zwei Dosen des mRNA-Impfstoffes von BioNTech erhielten. Es konnte eine gute Immunogenität und befriedigende Verträglichkeit sowie Sicherheit für ein relativ kleines Kollektiv dokumentiert werden, heißt es. Seltene unerwünschte Wirkungen seien in dem kleinen Studienkollektiv allerdings nicht ausreichend sicher zu erheben.
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