Es beginnt mit akuten Schmerzen – etwa nach einer Operation, im Zuge einer Tumorerkrankung oder aufgrund eines Bandscheibenvorfalls. Als Alarmsignal zeigen die akuten Schmerzen, dass im Körper etwas nicht stimmt. Ist die auslösende Ursache für die Pein beseitigt oder verheilt, klingen die Schmerzen in der Regel von allein wieder ab. Doch das ist nicht immer der Fall. Bei vielen Millionen Menschen in Deutschland hält der Schmerz an und wird zum täglichen Begleiter.
Was Chronifizierung treibt
Wie es zu einer Chronifizierung von Schmerzen kommt, lässt sich nicht in jedem Fall eindeutig klären. „Neben körperlichen Faktoren, wie einer Nervenverletzung oder Entzündungsvorgängen, können auch psychosoziale Belastungsfaktoren eine Rolle spielen“, erklärt Prof. Dr. Winfried Meißner von der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. anlässlich des diesjährigen Aktionstages gegen den Schmerz.
Chronischer Schmerz ist, wenn Schmerzen wiederkehrend oder anhaltend über einen Zeitraum von mindestens drei bis sechs Monaten auftreten und damit einen bestimmenden Teil des Lebens einnehmen.
Bekannt sei eine Reihe von belastenden Faktoren, die zum Teil in der Persönlichkeit des Patienten liegen, etwa die Fokussierung auf Erkrankungen oder die Erwartung, dass alles schlechter wird. Aber auch äußere Belastungsfaktoren wie soziale Notlagen, Probleme in Beruf oder Partnerschaft, seien begünstigend, wenn Schmerzen nicht verschwinden oder gar schlechter werden.
Kenntnis über derartige Belastungsfaktoren erfahren behandelnde Ärzte häufig nicht oder nicht rechtzeitig. Das könnte jedoch für Patienten mit anhaltenden Schmerzen sehr wichtig sein, denn es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass eine möglichst frühe Diagnostik und Behandlung chronische Schmerzen verhindern kann.
Chronifizierung verhindern
Die Deutsche Schmerzgesellschaft setzt sich mit einem neuen Projekt dafür ein, anhaltende Schmerzen frühzeitig und interdisziplinär – also von verschiedenen Experten – abklären zu lassen. Aufbauend auf einem solchen Assessment sollen therapeutische Maßnahmen beginnen, die multimodal ausgerichtet sind, bei denen also verschiedene Berufsgruppen und Schmerzspezialisten zusammenarbeiten. Ähnliche Konzepte gibt es bereits.
{{::tip::standard::Weitere Infos zu dem Projekt finden Sie unter www.wochenblatt.com/a-ima::}}
Neu an dem sogenannten „Ambulanten Interdisziplinären Multimodalen Assessment“ (A-IMA) ist, dass es sich an Patienten und Patientinnen richtet, die an der Schwelle zur Chronifizierung stehen.
Aufgenommen in das eintägige Projekt werden nur Patienten ab 18 Jahren, bei denen Schmerzen seit mindestens sechs Wochen neu aufgetreten, seit längerer Zeit wiederholt aufgetreten und/oder anhaltend sind. Es müssen schmerzbedingte Einschränkungen im Lebensalltag vorliegen und das Risiko für eine Chronifizierung muss erkennbar sein. Es gibt aber auch Ausschlusskriterien wie etwa schwere und aktive psychiatrische Störungen oder ein laufendes Renten- oder Reha-Verfahren.
Das Projekt A-IMA soll bundesweit an 25 spezialisierten schmerztherapeutischen Zentren eingeführt werden. Bislang sind es 23, davon fünf in NRW. Schmerzgeplagte werden hier ärztlich, psychologisch und physiotherapeutisch untersucht und befragt. Ein Team aus spezialisierten Ärzten, Psychologen und Physiotherapeuten mit Zusatzqualifikation in der Schmerzmedizin stellt dann eine gemeinsame Diagnose darüber, ob eine Chronifizierung droht und gibt eine Therapieempfehlung. Gemeinsam mit dem Patienten erstellen sie anschließend einen individuellen Therapieplan. Der Zeitaufwand für Patienten soll etwa vier Stunden betragen. Nach drei bis sechs Monaten soll eine Nachbefragung stattfinden. Die Teilnahme am Projekt ist freiwillig.
Angebot bislang begrenzt
Bislang können nur Krankenversicherte der Barmer am Projekt teilnehmen. Die Teilnahme steht jedoch allen gesetzlichen Krankenkassen offen, wenn sie dem A-IMA-Selektivvertrag beitreten, erklärt die Deutsche Schmerzgesellschaft.
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