Bernhard Borgmann-Brüser hat Hüfte, wie es umgangssprachlich so heißt. Und das schon seit vielen Jahren. Als wir ihn im St. Josef-Stift Sendenhorst treffen, ist davon jedoch wenig zu sehen. Der Landwirt aus Sendenhorst trägt bereits einen zweiten künstlichen Gelenkersatz in der rechten Hüfte.
Bei seinem letzten Eingriff im Herbst 2021 musste die künstliche Gelenkpfanne ersetzt werden. „Wenn es so bleibt, ist alles paletti“, sagt der 67-Jährige und blickt gemeinsam mit seinem Operateur Dr. Ludwig Bause, Chefarzt der Klinik für Rheumaorthopädie am St. Josef-Stift Sendenhorst, zurück auf seine Krankengeschichte. Die begann schon mit Anfang 20.
Es beginnt mit folgenschwerem Unfall
Bei einem Motorradunfall im Jahr 1976 verletzt sich Bernhard Borgmann-Brüser schwer, liegt fünf Tage im Koma. Durch den Aufprall rammt sich der rechte Oberschenkelkopf in die Hüftpfanne. Er wird operiert und liegt drei Monate in der Uniklinik Münster. „Nach einem halben Jahr war der Bruch verheilt und mein Bein fast 3 cm kürzer“, berichtet er. In den folgenden Jahren kommt der junge Landwirt mit einer Schuherhöhung gut zurecht.
Doch mit Anfang 40 machen sich erste Beschwerden bemerkbar. Die rechte Hüfte schmerzt extrem und muss schließlich durch ein künstliches Gelenk ersetzt werden. Der Eingriff wird Anfang der 1990er-Jahre am St. Josef-Stift Sendenhorst durchgeführt. Mit der Operation wurde auch die Beinlängendifferenz ausgeglichen. „Es lief alles gut mit der Hüftprothese. Nachdem sie eingewachsen war, konnte ich sie voll belasten und habe mich auch bei Arbeiten auf dem Hof nicht geschont“, erzählt Bernhard Borgmann-Brüser.
Materialabrieb lockert das künstliche Hüftgelenk
Doch künstliche Gelenke halten nicht ewig. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum sie ersetzt werden müssen (siehe „Gründe für einen Wechsel der Hüftprothese“). „Der Hauptgrund für einen Wechsel von Kunstgelenken ist die Lockerung der Prothese aufgrund von Materialabrieb, informiert Dr. Ludwig Bause. Je nach Material erfolge der Verschließ unterschiedlich stark.
„Die Abriebpartikel der Laufflächen führen zu einer nicht bakteriellen Entzündungsreaktion. Das hierbei entstehende Gewebe kann zwischen Knochen und Prothese wachsen und so das künstliche Gelenk lockern“, erklärt Dr. Ludwig Bause. Dieser Prozess geschehe oft im Verborgenen und sei zu Beginn nicht unbedingt schmerzhaft.
Lockerung der Hüftprothese lange nicht erkannt
So ergeht es zunächst auch Bernhard Borgmann-Brüser. Als sich dann Schmerzen einstellen, zeigen sich diese aber nicht direkt an der Hüftprothese. „Ich hatte vor allem Rückenschmerzen und die ganze rechte Seite tat weh“, berichtet der Landwirt. Einige Zeit wird der Patient auf Rückenbeschwerden behandelt, erhält sogar eine CT-geführte Schmerztherapie, die ihm kurzfristig etwas geholfen hat.
Doch neben Schmerzen beim Anlaufen bleiben auch bestimmte Bewegungen äußerst schmerzhaft. „Manchmal konnte ich sogar ein richtiges Knallen im Gelenk wahrnehmen“, erinnert sich der 1,86 m große Landwirt.
Ersatz einer Hüftprothese ist mehrmals möglich
Letztendlich stellt sich Bernhard Borgmann-Brüser im St. Josef-Stift Sendenhorst vor, wo er vor 27 Jahren seine erste Hüftprothese erhalten hat. „Im Röntgenbild konnten wir eine Lockerung der Prothese erkennen. Die künstliche Hüftpfanne war dabei ins Becken gewandert“, erklärt Dr. Ludwig Bause.
Wie lange eine Hüftprothese tatsächlich hält, ist individuell sehr unterschiedlich. „Derzeit wird eine durchschnittliche Haltbarkeit von 15 bis 20 Jahren für Hüft- und Knieprothesen erwartet“, informiert Dr. Ludwig Bause. Erste Verschleißerscheinungen ließen sich im Röntgenbild erkennen, weshalb er zu Nachkontrollen rät.
Bernhard Borgmann-Brüser hat Glück. Die Versorgung seines damaligen Beckenbruchs und seiner ersten Gelenkprothese mit Platten macht den Gelenkwechsel zwar nicht gerade einfach. Doch es muss nicht die komplette Prothese ausgetauscht werden.
Nur ein Teil der Prothese muss ersetzt werden
Der Schaft im Oberschenkel ist noch voll funktionstüchtig. „Wir haben lediglich die Gelenkpfanne durch eine spezielle Revisionsgelenkpfanne mit zusätzlichen Anbauten ersetzt und Knochendefekte mit Fremdknochen, der innerhalb von sechs bis zwölf Wochen vom Körper zu Eigenknochen umgebaut wird, versorgt“, erklärt Operateur Bause.
Weil der Prothesenersatz belastungsstabil eingebaut wurde, konnte Bernhard Borgmann-Brüser nach einer Woche Krankenhausaufenthalt gleich eine dreiwöchige ambulante Rehamaßnahme in St. Josef-Stift Sendenhorst anschließen. „Jetzt bin ich neu gelagert und schmerzfrei“, sagt er.
Nach unserem gemeinsamen Besuch bei Dr. Ludwig Bause im St. Josef-Stift Sendenhorst trennen sich unsere Wege. Bernhard Borgmann-Brüser schwingt sich auf sein Rad und verabschiedet sich: „Ich muss noch ins Heu, übermorgen soll gepresst werden.“
Gründe für einen Wechsel der Hüftprothese
Für den Wechsel eines künstlichen Hüftgelenks oder Teilen davon gibt es verschiedene Gründe, wie Dr. Ludwig Bause erklärt:
- Die Lockerung der Prothese aufgrund von Materialverschleiß mit abriebbedingten Entzündungsprozessen ist der häufigste Grund.
- Auch Knochenbrüche etwa aufgrund von Unfällen oder Stürzen können Prothesen lockern.
- Bakterielle Infektionen betreffen 1 bis 2 % aller Prothesenträger im Laufe der Zeit. Frische Infekte in den ersten beiden Wochen nach dem Eingriff lassen sich in der Regel unter Erhalt der Prothese behandeln. Hochvirulente Keime und chronische Infekte nach etwa drei bis vier Wochen oder Jahren machen oft eine Sanierung mit einem Wechsel der Prothese erforderlich. Oft kommt es dabei zu einer Infektion mit Keimen, die sich im Körper selbst befinden, etwa aufgrund einer Zahninfektion oder eitrigen Wunden. Unbehandelt breiten sich die Keime über die Blutbahn aus und besiedeln die Oberfläche des Gelenkersatzes, wo sie nur schwer zu behandeln sind.
- In sehr seltenen Fällen macht ein instabiler oder ausgerenkter Gelenkersatz einen Prothesenwechsel notwendig.
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