Ernährung

Beta-Glucane: Ballaststoffe mit Prädikat

Beta-Glucane sind eigentlich ganz normale lösliche Ballaststoffe. Weil aber nachgewiesen ist, dass sie eine gesundheitsfördernde Wirkung haben, dürfen Produkte mit Beta-Glucanen mit einem Health Claim beworben werden.

Vollkornprodukte sind nicht zuletzt deshalb so gesund, weil sie viele Ballaststoffe enthalten. Bei den Ballaststoffen gibt es jedoch Unterschiede. Eine Ballaststoffgruppe, die eine gewisse Sonderstellung einnimmt, sind die Beta-Glucane. Es gibt Beta-Glucane deshalb inzwischen nicht nur als Nahrungsergänzungsmittel. Auch Hersteller von Lebensmitteln, die besonders reich an dem Ballaststoff sind, werben mit einem hohen Beta-Glucan-Gehalt. Das geht so weit, dass sogar speziell gezüchtete Gerste mit einem hohen Beta-Glucan-Anteil auf dem Markt ist. Brauchen wir das wirklich? Und was ist so besonders an Beta-Glucanen? Dr. Urte Schleyerbach von der Hochschule Osnabrück, Fachbereich Ökotrophologie, hat das für uns eingeordnet.

In Hafer und Gerste enthalten

Bei Beta-Glucanen handelt es sich um lösliche Ballaststoffe. Sie sind enthalten in den Zellwänden von Getreide sowie in bestimmten Bakterien und Pilzen. Bedeutend für die menschliche Ernährung sind aber nur die Gehalte in Gerste und Hafer. Außer Braugerste spielt Gerste in unserer Ernährung jedoch kaum noch eine Rolle. Deshalb nehmen wir diesen Ballaststoff hauptsächlich über Haferprodukte auf. Da Beta-Glucane sich fast ausschließlich in den Zellwänden der Randschichten befinden, sind sie nur in Vollkornprodukten in nennenswerten Mengen vorhanden.

Die Wirkung von Beta-Glucanen ist sehr gut untersucht, besser als bei anderen Ballaststoffen. Deshalb ist es gelungen, Health Claims für Beta-Glucane aus Gerste und Hafer zu entwickeln, mit denen die Hersteller entsprechende Produkte unter bestimmten Bedingungen bewerben dürfen. Als Health Claims werden nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln bezeichnet. Die Voraussetzungen für die Verwendung von Health Claims regelt seit dem Jahr 2007 die EU-Verordnung 1924/2006.

Weniger Cholesterin im Blut

Aufgrund ihrer Löslichkeit haben Beta-Glucane die Eigenschaft, Gele zu bilden. Dabei binden sie Gallensäuren zu einem festen Komplex. Diese Gallensäuren stehen dem Körper nicht mehr zur Verfügung. Da aber Gallensäure für die Resorption der Nahrung benötigt wird, muss der Körper neue Gallensäure produzieren. Das geschieht mithilfe von Cholesterin aus dem Blut. Auf dieses Weise sinkt der Cholesterinspiegel.

Dieser Prozess ist wissenschaftlich nachgewiesen. Deshalb dürfen Nahrungsmittel mit Beta-Glucanen mit einem entsprechenden Health Claim beworben werden. Das gilt jedoch nur für Lebensmittel, die je angegebener Portion mindestens 1 g Beta-Glucan aus Hafer, Haferkleie oder Gerstenkleie bzw. aus einem Gemisch dieser Getreide enthalten. Zusätzlich muss der Hersteller den Verbraucher darüber informieren, dass sich die positive Wirkung nur dann einstellt, wenn er jeden Tag mindestens 3 g Beta-Glucan aus den genannten Getreideprodukten aufnimmt. Das entspricht etwa einer Menge von 40 g bzw. vier Esslöffeln Haferkleie.

Beta-Glucane senken den Blutzuckerspiegel

Die zweite nachgewiesene gesundheitliche Wirkung der Beta-Glucane ist besonders für Typ-2-Diabetiker interessant. Die löslichen Ballaststoffe sorgen nämlich dafür, dass der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit nicht so stark steigt.

Beta-Glucane verzögern die Ma­gen­ent­leerung. Dadurch machen sie schnell satt, und es wird weniger gegessen.

Gleichzeitig sorgen sie dafür, 
dass die Kohlenhydrate der Nah­-
rung für die Verdauungsenzyme schlechter zugänglich sind. Verantwortlich dafür ist die hohe Viskosität der Beta-Glucane. Der Speisebrei kann im Magen schlechter mit Verdauungsenzymen durchmischt werden. Deshalb wird die Stärke aus der Nahrung nur verlangsamt aufgeschlossen. In der Folge gelangt Glucose nur langsam ins Blut. Aus diesem Grund steigt der Blutzuckerspiegel nach einer Beta-Glucan-reichen Mahlzeit langsamer an.

Auch mit dieser Wirkung dürfen Hersteller ihre Produkte bewerben. Das gilt aber nur für Lebensmittel, die „... mindestens 4 g Beta-Glucane aus Hafer oder Gerste je 30 g verfügbare Kohlenhydrate in einer angegebenen Portion als Bestandteil der Mahlzeit enthalten“, so heißt es in der Verordnung. Außerdem muss der Verbraucher darüber informiert werden, dass sich die positive Wirkung nur dann einstellt, wenn er Beta-Glucane als Bestandteil einer Mahlzeit aufnimmt.

Schutz vor Darmkrebs

Neben diesen beiden Wirkungen sind weitere gesundheitsfördernde Effekte dieser Ballaststoffe bekannt. Denn Beta-Glucane können von den Bakterien im Dickdarm fermentiert werden. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren, wie Acetat, Propionat und Butyrat. Diese können die Bildung von Dickdarmkarzinomen hemmen. Butyrat dient außerdem als Energiequelle für die gesunden Zellen der Darmschleimhaut.

Getreide als Vollkorn essen

Trotz dieser positiven Eigenschaften hält Dr. Urte Schleyerbach eine spezielle Beta-Glucan-reiche Ernährung nur für Patienten mit einem krankhaft erhöhten Choleste­rinspiegel und für Typ-2-Diabetiker für sinnvoll. Allen anderen empfiehlt sie: „Essen Sie Getreideprodukte generell als Vollkornprodukte!“ Denn es komme darauf an, ballaststoffreich zu essen. Wer das beherzige, reduziere sein Risiko für viele Krankheiten, wie Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Blut­hochdruck, koronare Herzkrankheit und Krebs. Wul