Organspende

Aus Mangel an Organen

Deutschland ist ein Organmangelland. Verantwortlich dafür ist auch die mangelnde Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende – aber nicht nur.

In puncto Organspende war Deutschland im Jahr 2016 mit 10,4 Spenden pro 1 Mio. Einwohner fast das Schlusslicht in Europa. Zum Vergleich: In Spanien gab es 43,4 Spenden. Schlusslicht innerhalb Deutschlands ist die Region NRW. Zwischen 2012 und 2017 ist die Zahl der Organspenden hier von 243 auf 146 zurückgegangen, sagt Dr. Ulrike Wirges, Geschäftsführende Ärztin der DSO-Region NRW. Woran liegt das? Darüber diskutierten Experten auf dem Symposium Organspende Ostwestfalen-Lippe in Detmold.

Ärzte unter Druck

Ein Grund ist die zurückgehende Spendenbereitschaft der Bevölkerung aufgrund der Skandale um die Organvergabe. Gründe sind aber auch an anderer Stelle zu suchen. Als Spender kommen grundsätzlich Patienten mit schwerer Hirnschädigung infrage. Bei etwa 20 % der Todesfälle nach Hirnschädigung hätte über eine Organspende nachgedacht werden können, sagt Dr. Wirges. Die Krankenhäuser haben aber nur 4,3 % an die DSO gemeldet. Eine mögliche Ursache ist die aufwendige Feststellung des Hirntods, heute als irreversibler Hirn­funktionsausfall (IHA) bezeichnet. Außerdem ist es wichtig, frühzeitig den Transplantationsbeauftragten des Krankenhauses einzubeziehen. Auch das klappt in vielen Kliniken nicht optimal.

Eine weitere große Hürde für die Angehörigen, aber auch für Ärzte und Pflegekräfte, ist die ethische Frage. Denn ein Mensch, bei dem Ärzte den Hirntod festgestellt haben, sieht nicht tot aus, wenn eine organerhaltende Therapie eingeleitet wurde. Es ist schwer, in dieser Situation über Organspende zu sprechen.

Widerspruchslösung gefordert

Dringend nötig sei eine bessere Aufklärung und Unterstützung, sowohl der Bevölkerung, aber auch der Mitarbeiter in den Kliniken, fordert Prof. Dr. Fritz Mertzlufft, ärztlicher Direktor des Evangelischen Klinikums Bethel in Bielefeld. Er zeigte Verständnis für die Ängste der Menschen. Sie befürchteten zum Beispiel, dass nicht alles getan werde, um das Leben zu erhalten. Der Mediziner versichert aber, dass die Hirntoddiagnostik nirgends so sicher sei wie in Deutschland.

Ausdrücklich spricht sich Prof. Mertzlufft für die Widerspruchslösung aus. Diese sieht vor, dass jede Person, die sich nicht gegen eine Organspende äußert, als Organspender zur Verfügung steht. Angehörige sollten aber die Möglichkeit haben, einer Organentnahme zu widersprechen.

Organe zweiter Wahl

Der Mangel an Spenderorganen hat unter anderem zur Folge, dass auch Organe für eine Transplantation infrage kommen, die nicht den optimalen Kriterien entsprechen. Steht ein solches Organ zur Verfügung, müssen Ärzte gut überlegen, wem sie es geben können, 
erklärt Prof. Dr. Daniel Palmes, 
Geschäftsführender Oberarzt am Universitätsklinikum Münster. Außerdem muss der Arzt mit dem möglichen Organempfänger besprechen, ob er das Organ annehmen würde. Viele Patienten stehen jedoch aufgrund ihrer schlechten gesundheitlichen Situation mit dem Rücken an der Wand und stimmen aus diesem Grund zu.

Den ausführlichen Beitrag sowie den Erfahrungsbericht eines Mannes, der durch eine Organspende ein neues Leben geschenkt bekommen hat, lesen Sie im Wochenblatt Folge 20/2018 auf den Gesundheitsseiten.