Angst verdirbt den Appetit

Lebensmittelsicherheit fängt im Stall und auf dem Acker an und geht bis zum Teller. Veterinärmediziner diskutierten mit Ernährungsexperten auf dem Frühjahrssymposium der Akademie für Tiergesundheit.

Unsere Ängste sind manchmal paradox. „Die Deutschen haben wesentlich größere Angst vor Dioxin im Essen – mit null Todesfällen pro Jahr – als vor beispielsweise ernährungsbedingtem Diabetes – mit weltweit bis zu 5 Mio. Todesfällen pro Jahr“, stellte Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), fest.

Das habe nichts mit Dummheit zu tun, sondern damit, dass kein Mensch Risiken intuitiv wissenschaftlich korrekt nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß bewerten kann, sagte er am vergangenen Freitag anlässlich des Frühjahrssymposiums der Akademie für Tiergesundheit e. V. im Schloss Montabaur im Westerwald.

Verschobene Ängste

Die Verbesserung der Ernährungssituation hat dazu geführt, dass wir immer älter, größer und gesünder werden. Trotzdem sind die Menschen skeptisch. „Ein Großteil der Bevölkerung glaubt nicht, dass das Essen gesund ist“, erklärte Prof. Hensel.

Er plädiert deshalb dafür, die Mündigkeit des Verbrauchers zu schulen. Dabei erinnerte er an die Diskussion um Rückstände von Dioxin im Bier. Hier habe es sich um so minimale Mengen gehandelt, dass sich kaum jemand diese wirklich vorstellen könne. Der Mensch müsste 1000 l Bier am Tag trinken, um damit eine gesundheitlich bedenkliche Menge Dioxin aufzunehmen. Wesentlich gefährlicher sei der im Bier ebenfalls enthaltene Alkohol (Ethanol), der als krebserregend gelte.

Für Prof. Hensel ist Lebensmittelsicherheit ein Thema, das nur gemeinsam angegangen werden kann. „Tiere sind Schnitzel auf Beinen“, sagte er, deshalb seien auch die Tierärzte in dieser Frage so wichtig. Produktionsprozesse müssen immer weiter optimiert und die Qualität der Lebensmittel kontrolliert werden.

Wenig Rückstände

Dabei muss es auch darum gehen, die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu vermeiden, erklärte Privatdozent Dr. Bernd-Alois Tenhagen von der Abteilung Biologische Sicherheit am BfR. Denn tatsächlich gibt es Rück­stände von Tierarzneimitteln im Fleisch, aber nur in sehr geringem Umfang. Der Nationale Rück­standskontrollplan zeigt, dass in den vergangenen Jahren nur in einem geringen Teil der unter­suchten Proben antimikrobielle Substanzen oberhalb der zulässigen Höchstmengen nachgewiesen wurden.

Die Nachweisrate lag im Jahr 2014 bei Rindern bei 0,5 %, bei Schweinen bei 0,08 % und bei Geflügel bei 0,1%. Rückstände unterhalb dieser Höchstmengen werden als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Das BfR bewertet es als unwahrscheinlich, dass von den ermittelten Rückständen eine gesundheitliche Gefährdung für Verbraucher ausgeht.

Zoonosen durch Bakterien

Ist von lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen die Rede, sind dafür in den meisten Fällen tierische Erzeugnisse verantwortlich. An erster Stelle stehen bakterielle Erreger mit 47 %, gefolgt von Viren mit 20 %, erklärt Prof. Dr. Michael Bülte vom Institut für Tierärztliche Nahrungsmittelkunde der Justus-Liebig-Universität Gießen. Bei den bakteriellen Erregern stehen vier Mikroorganismen im Vordergrund: Camphylobacter, Salmonellen, E.-coli-Stämme sowie Yersinien.

Ein erfreulicher Rückgang ist seit vielen Jahren für die Salmonellose zu verzeichnen. Hatte es im Jahr 1992 noch annähernd 200.000 gemeldete Fälle gegeben, so waren es 2015 nur noch 13.825 Fälle. Wul