Annette schießt schon beim Anblick einer Spinne pure Panik in die Augen. Nadine hält es in geschlossenen Räumen wie einem Aufzug oder engen Durchgängen nicht aus. Rudolf meidet Menschenmengen und öffentliche Plätze wie Geschäfte. Und Ruth ist nervös, grübelt viel und macht sich einfach ständig Sorgen. Was all diese Menschen zu solchen Überreaktionen treibt, ist pure Angst. Angst, die unangemessen stark ist und die Betroffene scheinbar nicht kontrollieren können.
{{::tip::standard::Infos zu Angststörzungen unter
www.angstselbsthilfe.de;
www.wochenblatt.com/angststoerung::}}
„Rund 15 % aller Deutschen leiden an einer solchen Angststörung“, sagt Dr. Rebekka Breustedt, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Im Rahmen ihrer Tätigkeit hat die Oberärztin in der Abteilung für Psychosomatik in der LWL-Klinik Lengerich im Kreis Steinfurt häufig mit dieser psychischen Störung zu tun. Deutschlandweit werde nur etwa die Hälfte der Betroffenen richtig behandelt. Dabei sei eine Therapie möglich und in 80 bis 90 % sogar erfolgreich.
Angst zu haben, ist erst einmal ganz normal
„Zunächst einmal ist Angst völlig natürlich. Sie ist eine normale Reaktion des Gehirns auf wahrgenommene Bedrohungen“, erklärte Dr. Rebekka Breustedt im Rahmen einer Veranstaltung des Landfrauenverbandes Tecklenburg-Ledde. Evolutionsgeschichtlich sicherte Angst dem Menschen das Überleben. Denn Angst funktioniert wie eine Alarmanlage und bereitet den Körper auf Kampf oder Flucht vor.
In nur zwölf Millisekunden macht der Körper dann mobil. Er lässt das Herz schneller schlagen, den Blutdruck steigen sowie die Atmung schneller und flacher werden. Alle Sinne werden empfindlicher, Muskeln spannen an. Blasen- und Darmtätigkeit sind gehemmt. Der Körper schwitzt, zittert und es kann einem schwindelig werden.
Was Angst mit uns macht
Einige Ängste, etwa die vor Spinnen oder Schlangen und vor wütenden Gesichtern sind quasi „biologisch“ vorbereitet. „Darauf reagiert der Mensch tendenziell schneller mit Angst“, erläuterte Dr. Rebekka Breustedt. Doch viele Ängste seien gelernt, wie etwa die Angst zu versagen, ausgeschlossen zu werden oder nicht zu genügen. Auch spezifische Ängste vor Tieren, Objekten oder Höhen zählten dazu.
Bei einer generalisierten Angst richte sich diese nicht auf etwas Bestimmtes. Sie sei einfach da. Meist beginne sie schleichend mit einem mulmigen Gefühl und innerer Anspannung. Betroffene grübelten viel und machten sich generell viel Sorgen.
Was Ängste befeuert
{{::tip::standard::Auch Angehörige von Menschen mit Angststörungen können sich beraten lassen, beispielsweise über das Seelefon unter (02 28) 71 00 24 24;::}}
Was Ängste häufig fördert, sind Stress und Krisensituationen. Dies können persönliche Krisen sein wie etwa der Verlust eines Angehörigen oder der Arbeitsstelle. Aber auch gesellschaftliche Probleme wie Klima- und Energiekrise oder der Ukraine-Krieg nehmen Einfluss auf Ängste. „Oftmals bauen Krisen zusätzlichen innerlichen Druck auf, weil das Gefühl besteht, dringliche Entscheidungen treffen und unter Zeitdruck wirksam handeln zu müssen“, erklärte Dr. Rebekka Breustedt.
Gleichzeitig sind Betroffene stark verunsichert, was jetzt „das Richtige“ sein könnte. Denn häufig stehen dem Menschen keine gewohnten Verhaltensmuster und Lösungen zur Verfügung. Menschen reagieren in dieser Situation weniger logisch, sondern eher gefühlsgesteuert und ängstlich.
Anzeichen für eine Angststörung
Ist das Ausmaß der Angst viel größer als der Auslöser oder fürchtet man sich vor Dingen oder Situationen, die viele andere normal finden und stellt sich ein ständiges Gefühl von Kontrollverlust ein, können das erste Anzeichen einer Angststörung sein. Professionelle Hilfe sollten sich Betroffene holen, wenn
- sie mehr als die Hälfte des Tages über ihre Ängste nachdenken;
- sie in ihrer Lebensqualität und Bewegungsfreiheit durch ihre Ängste eingeschränkt werden;
- sie wegen ihrer Ängste immer depressiver werden, gar an Selbstmord denken;
- sie Ängste oft mit Alkohol, Drogen oder Beruhigungsmitteln bekämpfen;
- sie wegen ihrer Ängste ihre Partnerschaft oder ihre Arbeit ernsthaft in Gefahr bringen.
Wie sich Angststörungen behandeln lassen
Betroffene merken meist selbst, dass etwas nicht stimmt. Ihr zentrales Problem ist, dass sie Situationen, Orte, Begegnungen oder dergleichen, die bei ihnen Ängste auslösen, meiden. Das schränkt ihren Alltag oft sehr ein und führt zu einem großen Leiden.
„Betroffene sollten sich daher frühzeitig professionelle Hilfe suchen“, sagte Dr. Rebekka Breustedt. Sehr effektiv sei die kognitive Verhaltenstherapie. Erkrankte stellen sich dabei ihren Ängsten, um wieder Kontrolle über sie zu erlangen. Daneben können in manchen Fällen auch Medikamente hilfreich sein.
Erster Ansprechpartner bei Ängsten ist die Hausärztin bzw. der Hausarzt. Die Behandlung erfolgt durch niedergelassene ärztliche und psychologische Psychotherapeuten. In einer akuten Krise wenden Sie sich an den Notdienst über 116 117 oder an die zuständige psychiatrische Klinik;
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