Am Ende der Belastbarkeit

Psychische Beschwerden gepaart mit hoher Arbeitsbelastung gelten heute als Erklärung für ein Burn-out. Welche Hintergründe hat dieses Syndrom? Münsteraner Landfrauen wollten es genauer wissen.


Burn-out: Diejenigen, die davon betroffen sind, und das sollen bundesweit etwa 9 Mio. Menschen sein, sind am Rande ihrer Kräfte: körperlich, seelisch und emotional. Im Gegensatz zu einer normalen Erschöpfung sind diese Menschen nicht mehr in der Lage wieder aufzutanken. Doch was ist dran, an diesem Phänomen, das manche Kritiker als Modeerscheinung abtun? Denn als Krankheit ist Burn-out nicht anerkannt. Über Ursachen, Symptome und Hilfen diskutierten rund 30 Münsteraner Landfrauen auf dem Hof von Christel Schulze Dieckhoff mit Diplom Pädagogin und Altentherapeutin Margret Wobben aus Bochum.

Nicht mehr erholen können

„Burn-out ist eine Befindlichkeitsstörung, die sich in vielen Bereichen zeigt“, erklärte Margret Wobben. Da viele der Symptome Anzeichen für eine normale Erschöpfung, aber auch für eine Depression sein können, sei eine Abgrenzung zueinander oft schwierig. Bei einer normalen Erschöpfung aber, erhole sich der Mensch nach einer entsprechend langen Pause und ausreichend Schlaf wieder. Beim Burn-out-Syndrom halte der Erschöpfungszustand, der fast immer mit einer hohen Arbeitsbelastung einhergehe, an. „Die Menschen sind resigniert, emotional völlig verausgabt und total erschöpft“, erklärte Margret Wobben. Und im Gegensatz zur normalen Erschöpfung könnten Betroffene nicht mehr auftanken. Das habe das Burn-out-Syndrom mit einer Erschöpfungsdepression gemeinsam. „Es kann sogar sein, dass sich Erschöpfungssymptome im Zustand der Ruhe verschlimmern“, sagte die Referentin. Der Übergang von einem Burn-out in eine Depression verlaufe dann oft fließend.

Gesellschaft fehlentwickelt

Da das Burn-out-Syndrom vor allem in Leistungsgesellschaften wie Deutschland, Japan und der Schweiz auftrete, spiele dabei die gesellschaftliche Entwicklung offenbar eine große Rolle. Die Ansprüche seien gesteigen und überhöhte Ideale und ein übersteigerter Wohlstandsanspruch führten zu höheren Arbeitsbelastungen. Aber auch Familienstrukturen hätten sich geändert. Im landwirtschaftlichen Betrieb belasten schwierige Rahmenbedingungen und Strukturen. Generationskonflikte, unklare Absprachen oder nicht funktionierende Teamarbeit innerhalb der Familie oder des Betriebes seien ebenfalls Risikofaktoren für die Entstehung eines Burnouts. Nicht zu unterschätzen sei häufig auch die fehlende Wertschätzung für das was geleistet wurde, wie Essenkochen oder ein Ehrenamt.

Ebenso hätten Globalisierungen, Arbeitsdruck und Stress die Arbeitssituationen verändert. Ergebnisse des aktuellen Stressreports der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin hätten ergeben, dass sich fast jeder fünfte Arbeitnehmer am Arbeitsplatz überfordert fühle. Doch den Zahlen bzw. deren Interpretation will Margret Wobben und auch andere Experten nicht ganz folgen. So wie der Theologe und Psychiater Dr. Manfred Lütz hält auch sie es für möglich, dass zu viele Befindlichkeitsstörungen als Burn-out eingestuft werden. Erklären ließe sich die hohe Zahl an Burn-out-Betroffenen möglicherweise auch dadurch, dass Menschen heute eher zum Arzt gehen, wenn sie sich schlecht fühlten.

Krankheit der Tüchtigen


Doch wen kann es überhaupt treffen? „Ärzte und Arbeitswissenschaftler machen neben den genannten Umständen auch die Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen verantwortlich“, sagte die 63-jährige Dipl. Pädagogin. So sind es vor allem die Pflichtbewussten, die hohe Ansprüche an sich selbst stellen und bereit sind, ihre Leistungsgrenzen zu übersteigen. Und es sind meist Menschen, die es allen recht machen wollen und nur schwer „Nein“ sagen können. Auch der Hang zum Perfektionismus stelle ein persönliches Risiko dar, ein Burn-out zu entwickeln.

Burn-out-Kandidaten wissen oft, was sie anders machen müssten. Sie können dies aber häufig nicht allein umsetzen, weil sie an ihren Einstellungs- und Orientierungsmustern etwas ändern müssten. „Oft geht das nur mit Hilfe einer Gesprächstherapie“, erklärte Margret Wobben.

Körper und Seele gut tun

Jeder Einzelne kann sehr viel dafür tun, diesen totalen Erschöpfungszustand zu vermeiden. Und zwar, indem er auf sich selbst und seine Bedürfnisse achte. „Nehmen Sie ihre Grenzen wahr und akzeptieren sie diese “, sagte die Referentin. Wer sich von der Meinung anderer über sich löse, habe schon viel gewonnen. Eine ausgewogene Ernährung, Sport, Entspannung, Tageslicht und frische Luft seien ebenso wichtig wie ausreichend Schlaf. LHo



Was ist ....

  1. Burn-out bedeutet wörtlich übersetzt soviel wie Ausgebranntsein.
  2. Beim Burn-out handelt es sich um eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher Überlastung.
  3. Meist wird Burn-out durch Stress ausgelöst und kann wegen der verminderten Belastbarkeit nicht bewältigt werden.
  4. Burn-out gilt als Risikozustand, der bei einer Veranlagung zur Depression führen kann.
  5. Das Burnout-Syndrom ist bislang nicht als Krankheit anerkannt, sondern gilt als ein Problem der Lebensbewältigung.