Angststörungen

Ängste außer Kontrolle

Der eine fürchtet sich vor Spinnen, der andere hat Angst, vor einer Gruppe zu sprechen. Ein Dritter sorgt und ängstigt sich ständig über alles und nichts. Angststörungen machen sich oft körperlich bemerkbar. Gut, dass sie sich behandeln lassen.

Konzerte ihrer Lieblingsband besucht Miriam schon lange nicht mehr. Öffentliche Plätze wie den gut besuchten Wochenmarkt meidet sie strategisch. Und auch die Warteschlange an der Supermarktkasse ist zunehmend ein Problem für sie. Menschenmengen und die Furcht davor, im Notfall nicht flüchten zu können oder keine Hilfe zu bekommen, bereiten ihr panische Angst. Plötzlich rast ihr Herz. Sie atmet schneller, kalter Schweiß rinnt ihr über den Rücken. Sie will nur weg hier.

Eine normale Reaktion ist das nicht. Ihre Angst ist unangemessen und steht in keinem Verhältnis zur Situation. Mediziner wie Konrad Röhl, Oberarzt der Klinik Maria Brunn der Alexianer Münster, sprechen dann von einer Agoraphobie, einer speziellen Form der Angststörung.

Angst ohne Gefahr

Ängste sind völlig normal. Sie haben uns in der menschlichen Evolution das Überleben ermöglicht und auch heute noch hält uns Angst davon ab, zu hohe Risiken einzugehen. Die Furcht vor einem knurrenden Hund beispielsweise ist eine wichtige Schutzreaktion, die unsere Sinne und Aufmerksamkeit steigert.

Droht Gefahr, schüttet unser Körper in Millisekunden Hormone aus, die uns befähigen, schneller auf Gefahren zu reagieren und besser zu kämpfen, wenn es denn sein muss. Herzfrequenz und Blutdruck steigen. Die Atmung wird schneller, Muskeln spannen sich an, Pupillen weiten sich und das Gehör ist gespitzt. Angstschweiß breitet sich aus, wir werden blass, weil die Haut schlechter durchblutet ist.

In gefährlichen Schreckmomenten geht der Körper auf Alarmbereitschaft und das ist gut so. „Bei einer Angststörung reagiert der Körper ähnlich, obwohl es dafür keinen objektiven Grund gibt“, erklärt Experte Konrad Röhl.

Wie es zur Störung kommt

Für Angststörungen machen Psychiater und Psychotherapeuten wie er verschiedene Faktoren verantwortlich.

  • Zum einen spielen begünstigende Umstände wie eine erhöhte Angstbereitschaft eine Rolle. In 20 bis 40 % der Fälle ist diese angeboren. Eine übersteigerte Ängstlichkeit kann aber auch anerzogen bzw. erlernt sein.
  • Angststörungen haben oft einen Auslöser. Dazu zählen traumatische Erlebnisse, körperliche Erkrankungen oder der Tod wichtiger Menschen, aber auch Konflikte sowie akute und chronische Überlastungen.
  • Und nicht zuletzt spielen Kriterien eine Rolle, die Ängste aufrechterhalten. Im Fallbeispiel von Miriam hat diese vor vielen Jahren ein Open-Air-Konzert besucht. Beim Verlassen des Geländes kommt es in unmittelbarer Nähe zu einer Schlägerei. Sie kann im Gedränge kaum ausweichen und bekommt Angst, mit hineingezogen zu werden.

    Die schöne Musik und das nette Erlebnis mit Freunden auf dem Konzert ist anschließend mit Angstgefühlen besetzt. Die erworbene Furcht vor Menschenmengen und Gedränge hält sie fortan davon ab, derartige Orte aufzusuchen. Sie meidet diese und hält damit die Angst vor Massenansammlungen weiterhin aufrecht, verstärkt sogar ihre Angststörung. Damit gerät sie in eine Art Angstkreislauf, der die Furcht noch beflügelt und sie zum sozialen Rückzug bewegt.

Was uns schützt und hilft

Viele Ängste entwickeln sich bereits in der Kindheit und Jugend. Dabei lassen sich Angststörungen häufig schon früh beeinflussen bzw. verhindern. Wer seine Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen lässt, ihnen etwas zutraut und Gefahren auch einmal aushält, stärkt damit ihre Selbstwahrnehmung und Widerstandsfähigkeit, findet Konrad Röhl. Auch Sport spiele eine wichtige Rolle. Kinder lernen dabei nicht nur ihren Körper kennen und wie sie achtsam mit ihm umgehen sollten. Sie erfahren auch, wie sich schwierige Strecken überwinden lassen.

Oft werden Angststörungen erst spät diagnostiziert. Sie lassen sich in der Regel aber gut behandeln. „Erfolg versprechend ist häufig bei allen Formen der Angststörung die kognitive Verhaltenstherapie“, informiert der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Therapie hilft dabei, eingefahrene Verhaltensmuster, Gedanken und Gefühle, die Ängste verursachen bzw. aufrechterhalten, zu erkennen. Mittels gezielter Übungen wird versucht, das Verhalten zu verändern bzw. Strategien zu entwickeln, um mit der Phobie besser leben zu können.

Welche Formen der Angststörung es gibt und weitere Informationen dazu finden Sie auf den Gesundheitsseiten der Wochenblattausgabe 45/2018.

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