Jedes Jahr schwärmen Ernteschätzer mit Fernglas und Protokollbögen aus, um den Fruchtbehang an Obstbäumen auf ausgewählten Streuobstwiesen zu zählen. „Wir haben aufgrund der Alternanz auf eine höhere Erntemenge gehofft, aber das abnehmende Ertragspotenzial der Streuobstbestände in Deutschland wird von Jahr zu Jahr deutlicher“, erklärt Klaus Heitlinger. Er ist Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Fruchtsaft-Industrie.
Viele, aber kleine Früchte
Anfang September wird die Ernte auf den Streuobstwiesen beginnen. Bis dahin kann die Trockenheit noch größere Schäden anrichten. „Die Bäume werfen vorzeitig viele Äpfel ab und die auf dem Baum verbleibenden Äpfel wachsen nicht mehr“, erklärt der Geschäftsführer. Jeder fehlende Zentimeter im Durchmesser des Apfels habe einen um 30% geringeren Ertrag zur Folge.
Befruchtung war gut
Dabei ist die Streuobstsaison ist in diesem Jahr zunächst gut gestartet. Nach einer üppigen Baumblüte konnten die Bäume im Rhythmus der Alternanz, also der sich abwechselnden starken und schwachen Erntejahre, viele Früchte ausbilden. Aber die Entwicklung der Früchte war unterproportional aufgrund der seit vielen Jahren rückläufigen Niederschlagsmengen. Die Bäume haben keine Reserven mehr, um die Äpfel ausreichend mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen.
Klimastress und überalterte Baumbestände
Die Bäume auf den Streuobstwiesen stehen schon seit einigen Jahren enorm unter Klimastress: späte Nachtfröste zur Blütezeit, anhaltende Hitzeperioden in den Sommermonaten und insgesamt das fehlende Wasser hat die Bäume geschwächt und sie anfälliger gemacht für Krankheiten wie den schwarzen Rindenbrand, einer Pilzkrankheit, die zu schwarzen Stellen an der Baumrinde führt und die Bäume im schlimmsten Fall absterben lässt. Zudem sind viele Bäume von Misteln befallen, die den Baum weiter auszehren. Da auch viele Streuobstbestände überaltert sind oder nicht mehr gepflegt und bewirtschaftet werden, wird die Rohwarensituation für die Safthersteller von Jahr zu Jahr problematischer.
Ökosystem Streuobstwiese
In Deutschland werden aktuell noch rund 250000 ha Fläche als Streuobstwiesen bewirtschaftet. Neben ihrer wirtschaftlichen Bedeutung bieten sie als botanisches Kulturgut über 5000 Tier- und Pflanzenarten wertvollen Lebensraum, der dringend geschützt werden muss. Die Vielfalt der Obstarten und ihre besonderen Geschmacksvarianten sorgen für Säfte von besonderem Aroma.
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