Wochenblatt: Herr Prof. Bocksch, vielerorts sind Rasenflächen verbrannt und pulvertrocken. Jetzt warten die Gartenbesitzer auf Septemberregen, damit sich das Gras regeneriert. Werden die Rasengräser bei ausreichend Wasser nachwachsen?
Prof. Martin Bocksch: Dauer und Intensität der Hitze und Trockenheit in diesem Sommer lassen vermuten, dass sich viele Flächen gar nicht, nur unzulänglich und langsam oder sehr lückig erholen. Die einzelnen Gräserarten im Rasen regenerieren sich unterschiedlich gut. Die drei wichtigsten Rasengräser sind Rotschwingel, Deutsches Weidelgras und Wiesenrispe. Alle drei sind vergleichsweise hitzetolerant. Feldversuche zum Wiederergrünen nach Sommertrockenheit zeigen aber, dass sich nur der Rohrschwingel zu 100 % von Trockenschäden erholt. Beim Deutsches Weidelgras ergrünen 30 % der Gräser und die Wiesenrispe kommt nur zu 10 % wieder.
Abwarten allein reicht also nicht?
In den meisten Gärten wird das nicht funktionieren. Werden Kahlstellen und Lücken im Rasen nicht zügig bearbeitet, bieten sie Lebensraum für unerwünschte Gräser wie die Jährige Rispe, das Gewöhnliche Rispengras und Flechtstraußgras und Wildkräuter. Deshalb ist es wichtig, die Grasnarbe mit den ersten Septemberniederschlägen zu sanieren.
Was bedeutet das?
Gartenbesitzer sollten den Rasen zunächst tief abmähen. Danach vertikutieren sie die Fläche einmal flach. Der Boden sollte dabei von den Messern nur berührt und nicht durchgearbeitet werden. Wer zu tief vertikutiert, regt Wildkrautsamen im Boden zum Keimen an. Oft reicht es auch, die Fläche mit einem Metallrechen abzuharken, um Gras- und Rasenfilzreste zu entfernen.
Kann direkt danach neuer Rasen gesät werden?
Ja, das ist sogar zu empfehlen. Dazu eignen sich spezielle Rasennachsaatmischungen mit einem hohen Anteil an Deutschem Weidelgras, das zuverlässig und schnell keimt und wächst. Diese Nachsaatmischungen sind an der Kennzeichnung mit dem Kürzel „RSM 3.2“ zu erkennen. RSM steht für Regel-Saatgut-Mischung und ist eine Typenbezeichnung mit einer speziellen Zusammenstellung von Rasengräsern. Zum Nachsäen braucht man etwa 10 bis 15 g Saatgut pro m2. Nach dem Säen kann man die Fläche ein weiteres Mal abharken oder sehr flach vertikutieren, mit etwas Sand bestreuen und dann gründlich beregnen.
Das verbessert den Boden-
schluss des Saatgutes, sodass die Samen sicher Wasser aufnehmen und keimen. Die Nachsaat sollte bis Ende September abgeschlossen sein.
Was ist zu beachten, wenn der nachgesäte Rasen sprießt?
Wenn die Gräser etwa 8 bis 10 cm hoch gewachsen sind, folgt ein so genannter Schröpfschnitt. Das bedeutet, die junge Grasnarbe wird auf 4 cm Höhe heruntergeschnitten. Das entfernt viele Wildkräuter, die zusammen mit den Grassamen aufgelaufen sind. Bei den weiteren Rasenschnitten im Herbst mäht man immer wieder bis auf 4 cm herunter.
Sollte der nachgesäte Rasen im Herbst noch gedüngt werden?
Auf jeden Fall! Direkt nach dem ersten Schnitt sollte der Rasen mit schnell wirkendem Dünger versorgt werden. Er ist im Gartenmarkt zum Beispiel unter der Bezeichnung „Rasenstartdünger“ erhältlich. Gedüngt wird nach Packungsanleitung. Der nachgesäte Rasen braucht vor allem schnell Stickstoff, der die Rasengräser zur Bildung von Seitentrieben anregt. Diese schließen die Narbe. Im Oktober kann man den Rasen mit einer Kaliumgabe versorgen, um die Winterhärte der Gräser zu verbessern. Dazu eignet sich Patentkali; die Dosierung ist der Packungsanleitung zu entnehmen oder beim Gartencenter zu erfragen.
Gilt die Methode „Vertikutieren-Nachsäen-Düngen“ auch für lädierte Stellen im Rasen, die durch längere Zeit aufgestellte Pools und Planschbecken entstanden sind?
Wo wochenlang ein Pool gestanden hat, wächst kein Rasen mehr. Dieser Bereich muss neu eingesät werden. Dazu eignet sich aber nicht die Rasennachsaatmischung mit ihrem hohen Anteil an Weidelgras. Da könnten Sie gleich eine Kuh zum Abweiden danebenstellen. Für die Neuansaat eignet sich eine Saatgutmischung für Gebrauchsrasen-Spielrasen vom Typ RSM 2.3. Benötigt werden 20 g Saatgut pro m2.