Preiswert gärtnern

Jetzt ist Zeit für Stecklinge

Mildes Spätsomerwetter ist ideal, um Kräuter, Ziersträucher oder Rosen vermehren. Der Nachwuchs lässt sich aus frischen Zweigen selbst heranziehen.

Omas Lieblingshortensie, die namenlose Rose oder unbekannte Weinreben: Was nicht in der Gärtnerei erhältlich ist, vermehren erfahrene Hobbygärtner selbst. Sie schneiden dazu Stecklinge. Das sind unbewurzelte Pflanzenteile, meist Zweige. Diese werden in Erde gesteckt, bilden Wurzeln und entwickeln sich so zu einer Kopie der Ursprungspflanze. Natürlich nur, wenn man alles richtig macht. Was bei der Stecklingsvermehrung zu beachten ist, wissen Winfried Gaida und Elisabeth Herzschel vom Obst- und Gartenbauverein Oelde.

Tote Lebensbäume ersetzen

Reißen ist sauberer als schneiden, lautet eine Gärtnerweisheit. Ein abgerissener Zweig, hier Rosmarin, lässt sich gut zur Stecklingsvermehrung nutzen. (Bildquelle: Laarmann)

Stecklingsvermehrung ist ein Tummelplatz für Sparfüchse. Mit etwas Geduld können sie sich preiswerte Jungpflanzen heranziehen. Elisabeth Herzschel nannte dazu ein aktuelles Beispiel: „Vielerorts sind in Lebensbaumhecken durch die beiden trockenheißen Sommer in Folge einzelne Pflanzen vertrocknet. Wer die Hecken erhalten will, kann die Jungpflanzen aus Stecklingen selbst heranziehen.“ Der vegetativ vermehrte Nachwuchs besitzt dieselbe Genetik wie die Altpflanzen und fügt sich daher perfekt in die vorhandene Hecke ein. Allerdings dauert das. Bis sich ein kleiner Lebensbaumzweig zur kräftigen Heckenpflanze entwickelt hat, vergehen einige Jahre. Nicht alle Pflanzen eignen sich für die Stecklingsvermehrung, erläuterte Winfried Gaida. So lassen sich beispielsweise Hainbuchen, ebenfalls begehrt als Heckenpflanze, nicht auf diesem Wege vermehren. Beim Umgang mit Stecklingen spielt Hygiene eine große Rolle. Das bedeutet:

  • Nur Triebe oder Blätter von gesunden Pflanzen verwenden.
  • Die Schneidearbeiten am besten mit einem scharfen, sauberen Messer erledigen. Eine Gartenschere quetscht das sensible Pflanzengewebe unter Umständen zu sehr.
  • Pflanztöpfe, Zimmergewächshäuser und andere Materialien vor Gebrauch mit heißem Wasser abschrubben. Gebrauchte Pflanztöpfe mit Spiritus keimfrei machen, um Krankheitserregern den Garaus zu machen.
  • Als Substrat für die Stecklinge eignet sich Anzuchterde oder eine Mischung aus Kokosfasersubstrat mit strukturstabilem Sand im Verhältnis 1:3. Herkömmliche Blumenerde eignet sich nicht; sie enthält Salze, die den empfindlichen Stecklingen Wasser entziehen.

    In solchen Minigewächshäusern lassen sich frische Stecklinge gut kultivieren. (Bildquelle: Laarmann)

Rosenstecklinge wurzeln gut

Ein dankbares Projekt für Neulinge ist die Stecklingsvermehrung von Rosen. Sie gelingt in der Regel sowohl bei Strauch- und Bodendeckerrosen als auch bei Kletter- und Ramblerrosen. Da Rosen Tiefwurzler sind, sollten die Stecklinge in hohen Töpfen herangezogen werden. „Rosenstecklinge schneide ich aus den Jahrestrieben mit etwa acht Blattpaaren“, erklärte Winfried Gaida. Mit dem Messer trennt er sowohl das Laub als auch die Stacheln von den Zweigen ab. „Stecklinge brauchen alle Kraft für die Wurzelbildung. Die nicht versorgten Blätter vertrocknen ohnehin, Stacheln faulen leicht. Solche Gesundheitsrisiken lassen sich vorab ausschalten.“

Aus dem Jahrestrieb einer Rose schneidet der Gärtner Stecklinge mit vier schlafenden Augen. Laub und Stacheln werden mit einem Messer entfernt. (Bildquelle: Laarmann)

Wuchsrichtung einhalten

Stecklinge schneidet der Gärtner immer unterhalb eines Blattknotens von der Mutterpflanze ab. Bei Rosen schneidet er die Triebe 1 bis 1,5 cm unter dem Blattknoten ab. Als Nächstes schneidet Winfried Gaida die Triebe so lang zu, dass er ein Triebstück mit zwei schlafenden Augen in den Pflanztopf mit Anzuchterde steckt. Schlafende Augen sind winzige Knospenansätze. Über der Erde zeigt der Trieb ebenfalls zwei schlafende Augen. Wichtig: Die Stecklinge gemäß ihrer natürlichen Wuchsrichtung in die Erde bringen. Falsch herum gesteckte Triebe sterben, weil der Saftstrom nicht mehr funktioniert.

„Schneiden Sie ruhig mehrere Stecklinge zurecht und setzen Sie mehrere Hölzer in einen Topf. Wenn ein Trieb abstirbt, haben Sie noch Reserve“, riet der Praktiker. Die Stecklingstöpfe stellt er im Spätsommer in eine schattige Gartenecke und hält sie gleichmäßig feucht. Manche Gärtner stülpen einen Gefrierbeutel über den Topf und fixieren ihn mit Gummibändern daran. So entsteht eine Art Gewächshauseffekt. Zur Anzucht kleinerer Stecklinge eignen sich Zimmergewächshäuser. Regelmäßiges, kurzes Lüften tut den Stecklingen gut. „Etwa fünf Wochen nach dem Stecken im Spätsommer treiben die Augen bereits aus, erklärte Winfried Gaida. Die Töpfe mit den Rosenstecklingen dürfen bei frostfreiem Wetter an einem geschützten Platz im Garten stehen bleiben. Zum Schutz vor Frost schlägt man sie in Erde ein oder holt sie in einen frostfreien, kalten Raum. Nach Erfahrung der Oelder Hobbygärtner sind viele Rosen so wüchsig, dass die Stecklinge auch direkt im Beet, an einem schattigen, feucht gehaltenen Plätzchen Wurzeln bilden.