Herr Reiffenschneider, warum sollten wir uns überhaupt mit dem Thema Versickern von Regenwasser vor Ort beschäftigen?
Auch wenn es in diesem Frühjahr nicht so aussieht: Die trockenen Phasen ohne Niederschläge werden länger. Das Regenwasser, das auf unsere Dächer prasselt, ist zu kostbar, um es ungenutzt in die Kanalisation oder auch in den nächsten Bach laufen zu lassen. Wann immer möglich, ist es besser, es in den Boden abzuleiten und somit für die Pflanzen verfügbar zu halten. Verdunstet dieses Wasser später wieder, kühlt das die Umgebung. Sickermulden, Rigolen und Mischformen aus beiden sind hier wichtige Instrumente.
Was genau ist eigentlich eine Sickermulde?
Eine dauerhaft begrünte Vertiefung im Gelände. Sie dient dazu, flächenhaft Niederschlag in den Untergrund zu versickern (s. Skizze unten links). Das Regenwasser wird nur kurzzeitig oberirdisch gespeichert. Das heißt: Der Boden unterhalb der Mulde sollte möglichst durchlässig sein, damit sich die Mulde auch nach einem Starkregen innerhalb von ein bis zwei Tagen wieder entleeren kann.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie bei einem Kunden eine Sickermulde neu anlegen?
Um den besten Platz für die Mulde zu finden, schauen wir uns zunächst den Geländeverlauf an. Oft können wir die bestehende Topografie nutzen. Statt ein Loch zu buddeln, kann es dann auch reichen, am Rand einen kleinen Wall zu modellieren. Tiefer als 30 cm sollte die Mulde aber nicht sein.
Im zweiten Schritt berechnen wir die notwendige Ausdehnung. Sie hängt von drei Dingen ab: von der Größe der angeschlossenen Dachfläche, vom vor Ort üblichen Niederschlag und von der Durchlässigkeit des Bodens. Pi mal Daumen geht man von 10 bis 20 % der angeschlossenen Festfläche aus. Je sandiger der Boden, desto kleiner darf der Durchmesser der Mulde sein. Einen weniger durchlässigen Boden kann ich zum Teil verbessern, indem ich Sand und Kies beimische.
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Was ist bei der technischen Umsetzung einer Mulde sonst noch zu beachten?
Vorgeschrieben ist ein ausreichender Abstand zum Gebäude sowie zum Grundwasser. Das Muldenbett sollte aus mindestens 20 cm humushaltigem Oberboden bestehen. Zudem ist es wichtig, die Sohle schön waagerecht zu gestalten, damit sich das Wasser möglichst gleichmäßig darauf verteilt.
Sickermulden sind per Definition „dauerhaft begrünt“. Was ist besser: Rasen oder Stauden?
Beides ist möglich. Wichtig ist, dass die Vegetationsdecke immer geschlossen ist. Der Vorteil des Rasens liegt in der relativ einfachen Pflege. Stauden sind ökologisch wertvoller. Wer sie möchte, muss sie gleich zu Beginn recht dicht setzen – nämlich 5 bis 8 Pflanzen pro m2. Zudem sollte er wenigstens zum Teil immergrüne Arten wählen, um so verschlämmte Stellen – und damit eine nachlassende Sickerleistung – zu vermeiden.
Wie gestalte ich den Zulauf, also die Verbindung vom Dachrinnen-Fallrohr bis zur Mulde?
Ich empfehle, unterirdisch ein KG-Rohr bis zur Mulde zu verlegen. Aber Achtung: Das Rohr muss oberhalb der maximalen Einstauhöhe in die Mulde münden, damit sich das Wasser im Rohr nicht zurückstauen kann! Tröpfelt das Wasser einfach aus der Dachrinne und fließt oberirdisch zur Mulde, habe ich immer ein Problem mit Erosion. Wo Wasser sich regelmäßig seinen Weg bahnt, entstehen unschöne Rinnsale.
Was kann ich tun, wenn ich versickern möchte, aber mein Boden schlecht durchlässig ist oder ich zu wenig Platz für eine Sickermulde habe?
Da kommt dann unter Umständen eine Rigole infrage. Das ist ein unterirdischer Pufferspeicher, der das eingeleitete Regenwasser –auch größere Mengen – zunächst aufnimmt und dann nach und nach versickert. Der Rigolenkörper besteht meist aus Kies. Noch aufnahmefähiger sind die heute vielfach verwendeten Füllkörper aus Kunststoff. Rigolen lassen sich unterschiedlich einsetzen: solo oder in Kombination mit einer Mulde. Wenn die Bodenverhältnisse es hergeben, wird die Wassermenge komplett versickert. Andernfalls ist es auch möglich, einen Teil zu versickern und überschüssiges Wasser gedrosselt in ein Gewässer oder die Kanalisation abzuleiten (Mulden-Rigolen-System, s. Skizze). Ein Fachbetrieb berät zur jeweils besten Lösung.
Welche weiteren Vor- und Nachteile hat eine Rigole?
Bei einer reinen Rigole mit unterirdischer Zuleitung habe ich keinen oberirdischen Platzbedarf. Der bauliche Aufwand inklusive Ausschachten und Vorfilter ist jedoch deutlich höher als bei einer Mulde.
Sind Sickermulden oder Rigolen genehmigungspflichtig?
Rein rechtlich ist für das Versickern von Regenwasser, sofern es gesammelt abgeleitet wird, die Zustimmung der Wasserbehörde erforderlich. Das regelt jedoch jede Kommune für sich selbst. Mancherorts besteht ein sogenannter Anschlusszwang. Ein Anruf bei der Wasserbehörde sollte Aufschluss geben.
Wohin mit der Mulde?
Bei der Frage, welche Stellen auf dem eigenen Grundstück sich möglicherweise für eine Versickerung eignen, lohnt ein Blick in den „Klimaatlas NRW“. Auf der gleichnamigen Internetseite findet sich umfangreiches Kartenmaterial. Einfach im Suchfeld die Adresse eingeben und unter dem Oberpunkt Überflutungsschutz die „Starkregenhinweiskarte“ auswählen. Dann spuckt die Seite eine Karte aus, die metergenau anzeigt, wo nach einem Starkregen das Wasser steht.
Ist mein Boden sickerfähig?
Damit Regenwasser im Boden versickern kann, muss das Erdreich ausreichend durchlässig sein. Dies hängt in erster Linie von der Bodenart ab. Entscheidend sind hier die Korngröße und Verteilung der Partikel und Poren im Boden. Sandböden und gut strukturierte Mineralböden mit hohem Regenwurmbesatz haben (im gesättigten Zustand) eine hohe Durchlässigkeit.
Kenngröße ist der sog. Durchlässigkeitsbeiwert oder kf-Wert. Beträgt dieser Wert mindestens 5 x 10-6 m/s, was etwa schluffigem Sand oder sandigem Schluff entspricht, ist ein Versickern möglich. Je höher die Ton- und Schluffanteile des Bodens, desto weniger ist er für das Versickern geeignet. Doch Achtung: Haben Bauarbeiten mit schwerem Gerät stattgefunden, kann selbst ein Sandboden so stark verdichtet sein, dass er fast undurchlässig ist.
So testen Sie die Sickerleistung
- Mit dem Spaten eine Grube mit einer Fläche von 50 cm x 50 cm und einer Tiefe von 30 cm ausheben. Eine Schicht Kies einbringen. Einen Stab hineinstecken und diesen in etwa 10 cm Höhe über dem Grubenboden markieren. Dann Wasser einfüllen und über mehrere Stunden immer wieder nachfüllen, damit die Erde gut mit Wasser gesättigt ist.
- Nun beginnt die Messung: Die Grube bis zur Markierung mit Was-ser füllen und 10 Minuten lang miteinem Messbecher so viel Was-ser nachschütten, dass der Was-serstand in Höhe der Markierung bleibt. Die nachgefüllte Wassermenge gibt Aufschluss über die Durchlässigkeit des Bodens. Näherungsweise gilt:
- Wurden 1,5 l Wasser nachgefüllt, entspricht dies einem kf-Wert von 10-5 m/s. Es handelt sich um schluffigen Sand. Der Boden ist also nur mäßig durchlässig.
- Bei 7,5 l beträgt der kf-Wert 5 x 10-5 m/s. Es handelt sich um Feinsand. Dieser ist etwas durchlässiger.
- Tipp: Den Versuch am besten mehrfach durchführen. Das erhöht die Genauigkeit.
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