Achtung Eichenprozessionsspinner! Vielerorts bleiben die Warnschilder das ganze Jahr hängen. Dort sind der unscheinbare Waldschmetterling und seine haarigen Raupen bereits Stammgäste. In Nordrhein-Westfalen kommt der Schädling nach Angaben des Landesumweltministeriums vor allem in tieferen Lagen des Rhein- und Münsterlandes sowie am Niederrhein vor. Experten rechnen mit einer weiteren Ausbreitung.
Die Brennhaare älterer Raupen des Eichenprozessionsspinners enthalten ein Nesselgift. Es sorgt in leichten Fällen für Hautirritationen. In schweren Fällen löst es allergische Reaktionen unter anderem mit Schwindel, Fieber, Schwellungen in Rachen und Hals sowie Husten und Atemnot aus.
Fraßgift, Saugen, Schaum
Wie lässt sich der Befall an Hof- und Garteneichen ausschalten, damit Bewohner, Besucher, Mitarbeiter und Kunden gesund bleiben? Von den diverse Behandlungsmethoden haben wir drei Möglichkeiten untersucht, die als besonders effektiv gelten:
Einsprühen – Eichen werden vom Boden per Sprühkanone mit einem Fraßgift eingenebelt, wenn die jungen Raupen noch keine Brennhaare haben; mehr Infos dazu im Kasten „Zwei Biozide im Vergleich“.
Absaugen – Behaarte Raupen und Gespinste werden von einem zertifizierten Sicherheitssauger der Staubklasse H aufgenommen.
Einschäumen – Behaarte Raupen und Gespinste werden mit etwa 97 °C heißem Wasser plus isolierendem Schaum auf der Basis von Maisstärke und anderen organischen Substanzen, wobei die Raupen sterben und ihre Brennhaare samt Nesselgift inaktiv werden.
Fachwissen notwendig
Alle drei Behandlungsmethoden erfordern spezielle Kenntnisse, Gerätschaften und Mittel sowie Schutzausrüstung. Sie gehören in die Hand von sachkundigen Profis. Das sind zum Beispiel Landwirte, zertifizierte Baumpfleger, Landschaftsgärtner und Schädlingsbekämpfer. Bei entsprechenden Unternehmern erfragten wir die Preise für die Saison 2021. Wir ließen Methoden außen vor, die schwierig in der Anwendung sind oder andere, aus unserer Sicht schwerwiegende Nachteile haben. Dazu zählt beispielsweise das Abflämmen der Bäume wegen der Brandgefahr, der Baumschäden und der Verwirbelung der Brennhaare. Auch die Bekämpfung der Raupen mit Nematoden, also Fadenwürmern verfolgten wir nicht weiter. Denn das Verfahren sollte nur abends im Dunkeln und bei Temperaturen über 8 °C angewendet werden, wobei es nicht regnen darf. Zudem muss die Behandlung wiederholt werden.
Absaugen ist am teuersten
Für unsere Preisrecherchen holten wir Angebote für die Behandlung von mehreren Eichen ein (neun Bäume von je 12 m Höhe). Zusätzlich fragten wir nach Preisen für eine Einzelbaumbehandlung und nach Stundensätzen. Unser Fazit:
Am teuersten ist das Absaugen der Raupengespinste. Denn dazu sind in der Regel ein Hubsteiger und zwei Mitarbeiter erforderlich. Diese brauchen eine sehr umfangreiche, teure persönliche Schutzausrüstung.
Kostenspanne: Die Angebote für die Behandlung von neun Eichen beliefen sich brutto auf rund 1200 bis 2500 €. Die zugrundliegenden Stundensätze schwankten je nach Anbieter zwischen 193 und 285 € (netto). Den Aufwand schätzten sie mit sechs bis acht Stunden. Einige Dienstleister kalkulierten je Baum: Sie veranschlagten zwischen 90 und 185 € (netto) je Baum. Die Anfahrt schlug bei den befragten Betrieben mit bis zu 90 € zu Buche.
Im mittleren Kostenbereich liegt die Biozidbehandlung mit Foray. Sie scheint eine Domäne der Landwirte zu sein. Wir befragten mehrere Unternehmer, die mit einer Sprühkanone als Anbaugerät für den Schlepper unterwegs sind.
Kostenspanne: Rund 640 bis 820 € brutto kostet das Einnebeln der neun Bäume laut der verschiedenen Anbieter. Auch hier variierten die Angebotsformen zwischen Preisen je Baum (54 bis 150 €, netto) oder Stunde (240 bis 280 €, netto und einem geplanten Zeitaufwand: 2 Stunden).
Die niedrigsten Kosten ermittelten wir für das Einschäumen der Gespinste. Allerdings gibt es bisher vergleichsweise wenig Dienstleister, die diese noch recht neue Methode anbieten.
Kostenspanne: Der Zeitaufwand entspricht mit 2 bis 3 Stunden für neun Eichen in etwa dem des Biozideinsatzes. In Summe belaufen sich die beiden Angebote auf rund 630 bis 790 €.
Vor- und Nachteile
Nur die Biozidbehandlung wirkt vorbeugend, ehe sich gesundheitsschädigende Brennhaare entwickeln. Die Behandlung wird aber „auf Verdacht“ durchgeführt. Denn frühe Raupenstadien sind in Eichen kaum erkennbar; man kann aber auf Beobachtungen des Vorjahres zurückgreifen. Alle Bäume in Menschennähe müssen frühzeitig ausreichend mit Biozid eingesprüht werden. Nur so lassen sich Probleme durch Brennhaare vermeiden. Für die menschliche Gesundheit ist das Biozid nach bisherigen Erkennntissen kein Risiko. Effekte auf die Umwelt beschreiben wir im folgenden Info-Kasten.
Das Absaugen und das Einschäumen bergen mehr gesundheitliche Risiken, weil sie erst angewendet werden, wenn die Raupenprozessionen auffallen und die Tiere Brennhaare tragen. Das Heißschaumverfahren wurde zur Unkrautbekämpfung auf befestigten Flächen entwickelt. Dort bleibt der Schaum auf dem Untergrund liegt und fließt nicht so stark ab wie beim Einschäumen der Eichenstämme. Kritiker befürchten, dass der Schaum in der Vertikalen nicht lange genug wirken kann. Wir fragten bei einem Hersteller von Heißschaumgeräten nach Baumschäden durch heiße Wasser. Er versicherte, dass keine Nachteile entstünden. Das bestätigen auch Untersuchungen eines Forschers der Hochschule für angewandte Wissenschaft Hildesheim, Holzminden, Göttingen aus 2020.
Bakterien oder Neem: Biozide im Vergleich
Gegen die Raupen des Eichenprozessionsspinners sind zwei Mittel zugelassen, um die menschliche Gesundheit zu schützen. Solche Mittel nennt man Biozide. Sie unterliegen speziellen Zulassungs- und Anwendungsvoraussetzungen.
Hier die Mittel:
Foray ES – Hersteller Biofa
Wirkstoff: Bacillus thuringiensis subspecies kurstaki
Anwendung ab April bis Mai, wenn etwa die Hälfte des Eichenlaubs entwickelt ist und die Raupen unbehaart sind.
Das Mittel ist nicht generell insektenschädigend, sondern wirkt als spezielles Fraßgift im Darm von Schmetterlingsraupen. Sie sterben wenige Stunden bis einige Tage nach Aufnahme. Das Mittel wirkt nach dem Einsprühen einer Eiche etwa zehn Tage. Wird es im frühen Larvenstadium der Raupen angewendet, reicht eine Behandlung, die zudem nur diejenigen Raupenarten erfasst, die dann schon aktiv sind.
Zulässig sind zwei Behandlungen pro Jahr.
Zu Gewässern ist ein Mindestabstand von 25 m zu halten.
Neem protect – Hersteller: Trifolio
Wirkstoff: Margosa Extrakt aus den Kernen des tropischen Neembaumes
Anwendung von Mitte April bis Mitte Mai nach dem Hauptschlupf der Raupen.
Das Mittel bewirkt einen Fraßstopp der Raupen und hemmt ihre Häutung; die Tiere sterben zwei bis sieben Tage nach der Behandlung.
Das Mittel ist für die Anwendung einmal pro Jahr zugelassen.
Es wirkt nicht so speziell wie Foray, sondern erfasst auch andere Insekten und Gliederfüßer.
Da der Wirkstoff eine hohe Giftigkeit in Gewässern hat, ist bei der Ausbringung mit fahrzeuggeführten Sprühgeräten (Sprühkanonen), ein Sicherheitsabstand zu Oberflächengewässern von mindestens 90 m einzuhalten.
Checkliste für die Spinner-Saison 2021
Machen Sie eine Bestandsaufnahme:
- Wie viele Eichen wollen Sie behandeln lassen?
- Verschaffen Sie sich jetzt schon einen Überblick, welcher Dienstleister in Ihrem Umfeld, welche EPS-Bekämpung anbietet.
- Denken Sie dran: Anfahrten sind in der Regel teuer. Überlegen Sie, ob es benachbarte Grundstückbesitzer mit Eichen gibt, mit denen Sie sich bei der Vergabe zusammentun könnten und sprechen Sie diese an. Größere Aufträge drücken die Kosten für den einzelnen.
- Entscheiden Sie sich für eine Bekämpfungsmethode und holen Sie dafür mehrere Angebote ein. Vergleichen ist sinnvoll. Fragen Sie explizit nach Anfahrts- und Zusatzkosten.
- Achten Sie auf sinnvolle Einsatztermine und sachgerechte, professionelle Anwendung wie in unserem Beitrag beschrieben.
Mehr zum Eichenprozessionsspinner (EPS) finden Sie auf unserer Themenseite: