Den Strohhut ins Gesicht gezogen sitzt Hans-Bernd Hensen auf einem Holzdeck und schaut in die Lippeauen. Noch ist es an diesem Samstagmittag im Gartencafé „Baumhoers Lippeauenblick“ ruhig. Ein Storch schwebt im Gleitflug vorüber. Sein Nest mit den Jungvögeln thront auf dem Scheunendach des Bauernhofes. Hans-Bernd Hensen genießt den Moment. Er hat sich – wie viele Gäste – in diesen Ort verliebt. Und: Er hatte einigen Ideen, wie man ihn noch attraktiver gestalten und stärker in Einklang mit der umgebenden Natur bringen kann. Das Holzdeck, auf dem er sitzt, hat er selbst ebenso geplant wie die Wegeführung, die Beete mit ihren Pflanzenkombinationen.
Kleiner Hof neu gedacht
Die Betreiber des Cafés sind Corinna und Heiner Baumhoer. Vor rund zehn Jahren zogen die Theologin und Germanistin und der Betriebswirtschaftler aus der Stadt zurück aufs Land – auf den elterlichen Kleinbauernhof von Heiner Baumhoer. Die junge Familie mit inzwischen zwei Kindern spannte den landwirtschaftlichen Betrieb neu an. Aktuell wird er im Nebenerwerb geführt; beide Ehepartner gehen außerlandwirtschaftlichen Berufen nach. „Langfristig soll der Hof unser Einkommen sichern“, stellt Heiner Baumhoer klar. Seine Herde von Limousinrindern beweidet die Lippeauen; das Fleisch wird ab Hof vermarktet. Corinna Baumhoer ist Bauernhofpädagogin und bot bis zu Pandemiebeginn Naturerlebnisgruppen für Kinder an. „Da wir den Cafébetrieb ausgeweitet haben, ruhen Kinderangebote gerade“, berichtet sie. Das Café wird vor allem Sonn- und feiertags von Radlern und Familien mit Kindern gern besucht. Es bietet rund 60 Sitzplätze in der unteren Etage des Wohnhauses und 80 Sitzplätze im Garten davor.
LEADER-Förderung genutzt
Der Anstoß zur Umgestaltung des Gartens ging vom Planer aus. „Ich suchte ein Objekt für meine Abschlussarbeit als Pflanzengestalter. Dafür schien mir das Café mit seiner Lage mitten in der Natur ideal“, berichtet Hans-Bernd Hensen. 2019 schloss der berufliche Quereinsteiger seine Qualifizierung zum Pflanzengestalter beim „Netzwerk Gärten“ ab. Kurz darauf bekam er den Auftrag, seine Planung bei Familie Baumhoer in die Praxis umzusetzen. Realisiert wurde das mit Mitteln aus dem EU-Förderprogramm LEADER für die Region Lippe-Möhnesee.
Im Januar 2021 begannen die Bauarbeiten auf dem 2700 m2 großen Gelände. Wo vorher eine abschüssige Rasenfläche mit ein paar vernachlässigten Ziersträuchern war, ist eine wiesenhafte Staudenpflanzung mit nischenartigen Sitzplätzen entstanden. Das Areal ist insektenfreundlicher und artenreicher bepflanzt. Zudem bietet es mehr Komfort als der alte Garten. Dazu tragen folgende Punkte bei:
- Der Garten wird von hohen Bäumen eingefasst. Neben den vorhandenen Eichen kamen als klimaresiliente Neulinge eine Ungarische Eiche und eine Flatterulme hinzu.
- Ein geschlängelter Weg mit wassergebundender Decke bildet die Mäander der renaturierten Lippe nach. Der Weg führt vorbei an mehreren Sitzplätzen.
- Die Sitzplätze sind mit niedrigen Trockenmauern aus Anröchter Sandsteinen eingefasst. Das schafft Behaglichkeit.
- Zwei möblierte Holzstege bieten reizvolle Ausblicke in die Lippeauen oder auf den hofeigenen Teich, den angrenzenden Kinderspielbereich und die Obstwiese.
Im Herbst gepflanzt
Im vergangenen Sommer blühte eine einheimische Feldblumenmischung in den Beeten, die sich an die Wege anschmiegen. Der Rasen wurde abgeschält. Auf den Flächen säten Baumhoers eine niedrig bleibende, trittfeste Kräuterrasenmischung aus, die wenige Male pro Saison gemäht wird.
Im Herbst 2021 setzte Hans-Bernd Hensen mit Helfern etwa 2000 Stauden und 5000 Blumenzwiebeln in die Erde. Das Gerüst der Pflanzung bilden hohe Gräser und eine Mischung aus heimischen und fremdländischen, klimaresilienten Blühpflanzen, etwa Indigolupinen, Kugeldisteln und besondere Wildstauden wie der Große Schuppenkopf und der Echte Haarstrang. Hinzu kommen mittelhohe, begleitende Stauden wie Salvien und die hübsche, weißblühende Pimpinelle. Auch Vagabunden wie die Mazedonische Witwenblume und der Gewöhnliche Natternkopf, die sich durch Aussaat verbreiten, sind vertreten. Den Abschluss bilden bodendeckende Pflanzen wie Frauenmantel , Katzenminze und Storchschnabel, die der Gartengestalter als „Ordnungshelden“ an den Beetrand setzt. Auffallend ist der wiesenhafte Charakter. Ziergräser und Blühpflanzen sind miteinander verwoben. Wie in einer Wiese sind niedrige und höher wachsende Pflanzen benachbart und sorgen für ein gleichmäßiges Höhenniveau, während traditionelle Staudenbeete vorn mit niedrigen Arten gefüllt sind und nach hinten in der Wuchshöhe steigen. „In der Staudenpflanzung sind auch Samen aus der letztjährigen Blühmischung aufgegangen. Im Herbst haben wir weitere Einjährige wie Kornblumen gesät, um die junge Pflanzung üppiger wirken zu lassen“, erläutert Hans-Bernd Hensen. Durch die Selbstaussaat der Blumen ergeben sich immer neu Bilder im Beet. So bleibt es spannend für Gastgeber und Gäste.
Tipps für Besucher des Hofcafés
Das Bauernhofcafé Baumhoers Lippeauenblick liegt in Wadersloh, Kreis Warendorf, direkt an den Lippeauen und ist sowohl auf dem Landweg als auch übers Wasser der Lippe mit dem Kanu zu erreichen. „Die großen Fahrradrouten wie die Römer-Lippe-Route, Naturerlebnis Auenland und die gute alte 100-Schlösser-Route führen direkt an unserer Haustür vorbei“, erklärt Corinna Baumhoer. Bis Oktober öffnet das Café samstags, sonntags und an Feiertagen um 12 Uhr; für angemeldete Gruppen auch donnerstags und samstags nach Absprache. Die Adresse: Baumhoers Lippeauenblick, Göttinger Straße 22, 59329 Wadersloh.
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