Corona in der Gesellschaft

Corona: Wer geht warum spazieren?

Über „Spaziergänger“ wird viel geredet. Wir haben das Gespräch mit ihnen gesucht. Ein Erfahrungsbericht:

Sind Sie in den vergangenen Wochen montagabends mal spazieren gegangen? Noch vor ein paar Monaten hätten viele Menschen achselzuckend mit „Nein“ geantwortet und sich über die Frage gewundert. Heute hört man oft ein empörtes „Nein“. Denn der Begriff des Spaziergangs ist durch unangemeldete Demonstrationen in Verruf ­geraten. Ich war am Montag der vorvergangenen Woche in Münster bei einem angemeldeten Spaziergang dabei, um mir ein eigenes Bild zu machen, wer dort gegen oder für was demonstriert.

Trillerpfeifen gegen Nazis

Als ich am Rathaus vorbeigehe, fällt mir eine Kundgebung auf. Der Mann am Mikrofon spricht davon, dass bei einem der vergangenen Spaziergänge ein Hitlergruß gezeigt sowie eine Armbinde mit Juden­stern getragen wurde.

Ich laufe weiter in Richtung Domplatz. Dort starten die Spazier­gänge. Doch bevor ich auf die gut 1000 Demonstranten treffe, fällt mir eine weitere Gruppe auf. Viele von ihnen tragen Fahnen, die auf die antifaschistische Szene hinweisen. Wenn sie nicht mit ihren Trillerpfeifen großen Lärm machen, rufen sie im Chor „Nazis raus“ oder „Schwurbler verpisst euch, keiner vermisst euch.“ Polizisten haben sich als Mauer vor der lautstarken Gruppe aufgebaut.

Auf dem großen Platz stehen Menschen, die sich Lichterketten umgehängt haben. Einige tragen Schilder in der Hand, auf denen „Für ­eine freie Impfentscheidung“ oder auch „Gegen Nazis“ steht. Jeder Anwesende darf zum Mikrofon greifen und seine Meinung kundtun. Teilweise gibt es Applaus. ­Einer der Veranstalter richtet ein paar Worte an die Anwesenden. Neben Corona spricht er auch über steigende Energiekosten und die Ukraine-Krise.

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