Der Arbeitstag von Simone Rosendahl beginnt früh. Gegen 6 Uhr füttert sie die Schweine. Ab 6.45 Uhr ist sie in der Saison im Büro. Dann beginnt es im Betrieb der Familie in Schwalmtal (Kreis Viersen) so langsam zu brummen. Die ersten Gespanne verlassen die große Maschinenhalle, Mitarbeiter holen sich in der Küche einen Kaffee und die ersten Kunden rufen an.
Zehn festangestellte Mitarbeiter zählt das Lohnunternehmen der Familie, zu dem auch eine Spedition mit drei Lkws gehört. Zu Spitzenzeiten kommen noch einmal bis zu 20 Aushilfen hinzu. Zusätzlich betreibt die Familie auf rund 150 ha Ackerbau. Die Milchkühe haben den Hof 2018 verlassen, bei den Mastschweinen fährt die Familie gerade den letzten Durchgang.
Managerin in Vollzeit
Im Frühjahr läuft im Lohnunternehmen vieles gleichzeitig: Gülle ausbringen und Mais legen, Rüben säen und Kartoffeln pflanzen, Mist streuen und das erste Gras schneiden. Simone Rosendahl ist mittendrin. Sie telefoniert mit Kunden, koordiniert die Mitarbeiter und sorgt dafür, dass im Büro alles läuft. Gelernt hat die 42-Jährige einst Versicherungskauffrau. Heute managt sie das heimische Agrarbüro und ist dort in Vollzeit angestellt.
Vor sechs Jahren haben die Rosendahls eine neue Maschinenhalle gebaut – und auf den Rat eines Freundes gehört: „Das Büro gehört in den Betrieb“, legte er ihnen nahe. Die Rosendahls passten ihre Planungen noch einmal an und so zogen Schreibtische und Ordnerschränke mit den Maschinen von der benachbarten Hofstelle in die neue Halle. Auf rund 180 m2 sind ein großzügiger Empfangsbereich, ein Büro mit zwei Arbeitsplätzen und einem Besprechungstisch, Toiletten und eine Küche entstanden.
Tagsüber findet hier auch das Familienleben statt. Tochter Sarah (17) und Sohn Felix (16) kommen vor der Schule zum Frühstücken in die Zentrale des Lohnunternehmens. Und wer bei Rosendahls arbeitet, bekommt auch ein warmes Mittagessen. Das liefert ein Gastwirt. „Ich mache lieber fünf Ordner Buchführung als für 10 bis 15 Leute zu kochen“, erklärt Simone Rosendahl lachend. Sie bringt das Essen bei Bedarf zu den Einsatzorten der Fahrer.
Bis mittags ist die 42-Jährige durchgehend im Büro. „Dann ist hier immer etwas los“, sagt sie. Nachmittags kehrt sie noch einmal für zwei bis drei Stunden an den Schreibtisch zurück. Dann ist sie zwischendurch auch zur Bank oder zur Post unterwegs. „Wenn ich in einer Viertelstunde etwas Produktives machen kann, zum Beispiel Abheften, dann gehe ich auch für eine Viertelstunde ins Büro“, betont sie. Am Wochenende kommt häufig noch ein halber Arbeitstag dazu und der Betrieb spielt auch in vielen Gesprächen eine Rolle.
Die Rollenverteilung zwischen Simone Rosendahl und Ehemann Stephan, der den Betrieb gemeinsam mit seinem Bruder Markus in dritter Generation führt, ist klar: Er geht lieber auf die Maschinen, sie wuppt das Büro. Auch für die Kunden gibt es Regeln. Für alles, was mit Gülle zu tun hat, ist Stephan im Frühling der Ansprechpartner. Um alles andere kümmert sich Simone.
Immer mehr Aufgaben
In ihre Aufgaben ist Simone Rosendahl nach und nach hereingewachsen. Ab 2004 hat sie kontinuierlich Aufgaben von den Schwiegereltern übernommen – zunächst noch nach Feierabend. 2007 machte sie dann die Fortbildung zur Agrarbürofachfrau. Seit 2009 kümmert sie sich selbst um die Löhne und die Umsatzsteuervoranmeldung, ebenso die Ackerschlagkartei. „Feste Zeiten hatte ich damals nie“, erinnert sich Simone Rosendahl an ihre Anfänge. „Wenn die Kinder morgens aus dem Haus waren, ging ich ins Büro und nachmittags noch einmal.“ Heute genießt sie die gewachsene Kontinuität.
Inzwischen bucht sie auch alles selbst. Nur den Jahresabschluss übernimmt der Steuerberater. Für das Buchungsgeschäft nimmt sie sich vor allem in den ersten Tagen des Monats Zeit. Dann folgen die Rechnungen, um den 20. des Monats schließlich die Gehälter. Bei allem, was mit dem Personal zu tun hat, unterstützt sie seit einiger Zeit ihre Schwägerin.
In der Hochsaison auch abends
In der Hochsaison verschiebt Simone Rosendahl Arbeiten, die viel Konzentration erfordern, in die Abendstunden. Für die Buchführung hat sie einen separaten Arbeitsplatz. Dort können Vorgänge auch mal liegen bleiben.
„Irgendwann bekommt man Routine“, sagt sie. „Ich versuche strukturiert zu arbeiten und setze mir Termine.“ Ein Beispiel: Anträge, die zum 15. fertig sein müssen, bereitet sie zum 1. des Monats vor. Zum Überblick führt sie einen Kalender im Computer, hat aber auch einen Tischkalender. E-Mails versucht sie direkt zu beantworten oder zu erledigen. Rechnungen schreibt sie möglichst in einem Rutsch.
Simone Rosendahl schätzt die Vorteile, wenn Beruf und Familie ineinander übergehen. Das Prinzip haben inzwischen auch ihre Kinder verinnerlicht. „Als sie klein waren, haben sie gesagt: ,Unsere Mama geht nicht arbeiten.‘ Mittlerweile haben sie verstanden, dass Mama auch arbeitet.“
Nach Feierabend und am Wochenende
Bis vor fünf Jahren hatte Yasmin Ophardt nichts mit Landwirtschaft zu tun. Heute hat sie einen T-Führerschein, steht am Wochenende im Melkstand und absolviert die Weiterbildung zur Agrarbürofachfrau.
„Schuld“ ist ihr Freund René Strötges. Er bewirtschaftet in Viersen einen Betrieb mit 75 Milchkühen und dem zugehörigen Futter- und Ackerbau. Vor vier Jahren zog Yasmin, die in Geldern aufgewachsen ist, zu ihm auf den Hof. Sie hat in Krefeld Chemieingenieurwesen studiert. Heute arbeitet sie bei einer Firma in Brüggen, die Industrielacke entwickelt und produziert. Um 16 Uhr ist sie nach ihrem Vollzeitjob wieder zu Hause.
Anfangs setzte sich die heute 26-Jährige mal mit auf den Trecker, heute verbringt sie etwa fünf Stunden pro Woche im Agrarbüro. „Ich habe gemerkt: Wenn ich mithelfe, haben wir mehr gemeinsame Freizeit“, sagt sie.
Sammeln und analysieren
„Excel war immer schon mein Freund“, erzählt Yasmin lachend. Sie mag es, Daten aufzubereiten, zu analysieren und die Arbeit so Schritt für Schritt besser und auch einfacher zu machen. Erstes Beispiel war ein Kalender, der wöchentlich ausspuckt, welche Kühe René trocken stellen muss. Die Zettelwirtschaft hat sie geordnet und verschlankt. Ab und an ist sie heute mit ihrem Freund im Stall unterwegs, zum Beispiel wenn er zusammen mit dem Tierarzt kontrolliert, ob und wie lange die Kühe schon trächtig sind. Dann notiert sie die Ergebnisse, um sie anschließend am Computer zu übertragen.
An weitere Aufgaben, wie die Vorbereitung von Audits und ELAN-Anträgen hat sie sich langsam herangetastet. Vieles passiert in Kooperation mit Renés Vater, der vorher das Büro stemmte. Auch Renés Schwester ist eine wichtige Ansprechpartnerin. Sie arbeitet als Steuerberaterin und übernimmt unter anderem den Jahresabschluss. Sie hat auch ein Programm eingerichtet, mit dem der Betrieb seine Buchführung digitalisieren kann. Einmal pro Woche scannt Yasmin jetzt bezahlte Rechnungen und Co. ein. Um die Überweisungen kümmert sich ihr Freund. Das soll auch so bleiben. „Schließlich ist es sein Geld.“
Mit Disziplin und Humor
Etwa einmal pro Woche legt Yasmin eine Büroschicht ein, wenn René abends im Stall ist. Der Rest passiert am Wochenende. Manchmal kollidieren Yasmins Vorstellungen dann mit denen ihres Freundes. Er will lieber etwas unternehmen, ein Eis essen zum Beispiel, und sie hatte die Zeit eigentlich für die Düngebedarfsermittlung eingeplant. Sie nimmt es mit Humor, wenn sie ihre Pläne anpassen muss. „Aber ich hasse es, Deadlines zu überschreiten.“
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