Die Kalkversorgung von Acker- und Grünlandböden ist zu häufig nicht optimal. Das kann nicht nur die Befahrbarkeit verschlechtern oder die Bearbeitbarkeit erschweren. Der Kalkmangel reduziert den Ertrag der Flächen und senkt unter Umständen deutlich die Qualität der Ernteprodukte.
Ganzheitlich betrachten
Fruchtbare Böden sind keine Selbstverständlichkeit. Fehler in der Bewirtschaftung können zur Verschlechterung der Bodenqualität, wie beispielsweise Bodenversauerung, führen. Deshalb ist ein besseres Verständnis von Bewirtschaftungskonzepten notwendig, die auch der Ökosystemleistung von landwirtschaftlichen Flächen Rechnung tragen. Solche ganzheitlichen Herangehensweisen bieten mehrere Vorteile. Sie berücksichtigen einerseits die weitreichenden Auswirkungen der Kalkung auf das Ökosystem und erlauben andererseits die volle Ausschöpfung des Potenzials der Kalkung und seiner vielfältigen Vorteile für landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen.
Vielfältige Wirkung
Die Kalkung ist eine etablierte Bewirtschaftungspraxis zur Verbesserung saurer Böden. Die physikalischen Bedingungen des Bodens werden durch Kalkung nicht nur aufrechterhalten, sondern häufig auch verbessert. Die Kalkung wirkt sich aber auch positiv auf die Bodenbiota und die Biodiversität im Boden, wie etwa auf die Zunahme von Regenwürmern sowie auf biologische Prozesse im Boden aus.
Durch Kalkung kann nicht nur die Pflanzenverfügbarkeit von Stickstoff und Phosphor erhöht, sondern auch gleichzeitig die Aufnahme toxischer Schwermetalle verringert werden. Daneben hat Kalk einen positiven Effekt auf die Humusbildung sowie auf die Kohlenstoffspeicherung im Boden. Kalk beugt aber auch Pflanzenkrankheiten vor, wirkt Pilzbefall entgegen und hat einen günstigen Einfluss auf die Pflanzengesundheit.
Positiver Effekt auf Pflanzen
Ackerkulturen reagieren mitunter unterschiedlich empfindlich auf den pH-Wert des Bodens, deshalb muss das Kalkmanagement, je nach Kulturart und innerhalb einer bestimmten Fruchtfolge, angepasst werden. Doch in der Regel ist bei den meisten Kulturen ein positiver Effekt durch die Kalkung auf den Ertrag zu verzeichnen. Bei Grünland verbessern wiederholte Kalkanwendungen nicht nur die Biomasseproduktion, sondern wirken sich auch positiv auf den Mineralstoffgehalt und die Qualität des Grünfutters aus, was wiederum einen günstigen Effekt auf die Tierleistung hat.
Kationen anderer Elemente
Die Kalkung hat aber nicht nur weitreichende Auswirkungen auf den pH-Wert des Bodens, auf Bodenprozesse und auf Pflanzenreaktionen, sondern auch auf die Konzentration der meisten austauschbaren Kationen im Boden. Und da schließt sich der Kreis, denn die Konzentration austauschbarer Kationen wirkt sich nicht nur auf den Ernteertrag aus, sondern ist auch stark vom pH-Wert des Bodens abhängig.
Durch Kalkung werden nicht nur Calcium- und Magnesiumgehalt der Bodenlösung erhöht und die Adsorption von Kationen wie Kalium, Kupfer, Kobalt und Zink an Tonoberflächen gesteigert, sondern auch die Aufnahme von potenziell schädlichen Kationen wie Kadmium oder Zink durch Pflanzen reduziert. Saure Böden (pH <4,5) weisen eine erhöhte Konzentrationen an austauschbaren Kationen, wie etwa Aluminium und Mangan, auf, die das Pflanzenwachstum beeinträchtigen können.
Mischtoxizität schadet
Bei niedrigem pH-Wert des Bodens ist die Löslichkeit von Aluminium und Mangan erhöht und damit die Adsorption verringert. Dadurch können kritische Konzentrationen austauschbarer Aluminium- und Mangan-Kationen entstehen und den Ernteertrag reduzieren. Ob bereits die kritische Konzentration eines einzelnen austauschbaren Kations den Ertrag einschränken kann und welches Kation diesen am stärksten beeinträchtigt, ist strittig. Zwar hat die Aluminium-Konzentration im Boden einen starken Einfluss auf das Wurzelwachstum, doch die Toxizität resultiert aus additiven und synergistischen Wechselwirkungen zwischen den Kationen. Diese „Mischtoxizität“ spiegelt sich beispielsweise auch in der toxischen Wirkung der Zink- und der Kupferkonzentration auf das Sprosswachstum wider.
Kritische Konzentrationen
Aus diesen Gründen ist die Kenntnis der Konzentration und der Wirkung austauschbarer Kationen im Boden auf das Pflanzenwachstum für das Nährstoffmanagement von Kulturpflanzen vorteilhaft, denn kritische Konzentrationen austauschbarer Kationen können zu Mangelerscheinungen und Vergiftungen führen. Für viele austauschbare Kationen sind kritische Konzentrationen bekannt, deren Überschreitung als toxisch angesehen wird. Diese kritischen Bodenkonzentrationen können über einen breiten Konzentrationsbereich variieren.
Unterschiede in der kritischen Konzentration austauschbarer Kationen zwischen verschiedenen Böden können aus einer Vielzahl von Bodenfaktoren resultieren. Grundlegende Bodeneigenschaften wie pH-Wert, Textur, Mineralogie und organische Substanz sowie dynamische Nährstoffprozesse im Boden, wie Auswaschung, Pflanzenaufnahme, Recycling durch die Bodenbiota und die mikrobielle Aktivität, beeinflussen nicht nur die kritische Konzentration austauschbarer Kationen, sondern auch ihre Speziation und somit ihre Toxizität für Kulturpflanzen.
Die größten Unterschiede sind jedoch auf stark sauren Böden zu beobachten. Aber auch die Unterschiede zwischen sandigen und schluffigen Böden können relevant sein. Sandige Bodentypen reagieren empfindlicher auf Mangan und vermindern den Ertrag im Vergleich zu schluffigen Böden. Der Unterschied in der Textur beider Böden korrespondiert mit der größeren Kationenaustauschkapazität der schluffigen Bodentypen im Vergleich zu den sandigen Böden.
Größeres Puffervermögen
Böden mit einer größeren effektiven Kationenaustauschkapazität haben ein stärkeres Puffervermögen und sind vergleichsweise weniger anfällig für Auswaschungen. Schluffige Böden weisen auch deutlich höhere Konzentrationen der meisten austauschbaren Kationen wie Mangan, Calcium, Kadmium, Chrom, Kupfer, Kobalt, Zink, Magnesium und Kalium auf als sandige Böden. Im Gegensatz dazu verfügen sandige Böden über höhere Konzentrationen an austauschbarem Aluminium und Eisen als schluffige Böden. Darüber hinaus wird die Löslichkeit austauschbarer Kationen durch den pH-Wert des Bodens und die Kinetik von Redoxreaktionen beeinflusst.
Die Unterschiede in all diesen Bodeneigenschaften erklären, warum die Bodenartspezifität zur Beschreibung der Beziehung zwischen dem pH-Wert des Bodens und den Konzentrationen austauschbarer Kationen im Boden herangezogen werden muss.
Andere Bodeneigenschaften
Es ist wenig überraschend, dass eine so große Bandbreite an kritischen Konzentrationen austauschbarer Kationen beobachtet wird, die die Ernteerträge beeinträchtigen können. Deshalb beruht die Beziehung zwischen dem Ernteertrag und der Konzentration austauschbarer Kationen im Boden nicht allein auf der Konzentration austauschbarer Kationen im Boden, sondern auch auf grundlegende Unterschiede in den Bodeneigenschaften (Standorteffekte). Diese Standorteigenschaften entscheiden schließlich auch darüber, ob sich als toxisch angesehene Konzentrationen austauschbarer Kationen im Boden tatsächlich ertragsmindernd auswirken oder nicht.
Die Auswirkung der Kalkung zeigt sich am deutlichsten in der Beziehung zwischen dem pH-Wert des Bodens und der Konzentration austauschbarer Kationen und damit in der Verfügbarkeit potenziell toxischer Elemente, vor allem auf stark sauren Böden. Grundlegende Bodeneigenschaften, wie die Textur, spielen eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Auswirkung der Kalkung auf die Konzentration toxischer Kationen. Deshalb sollte der Kalkbedarf des Bodens durch eine regelmäßige Erhaltungskalkung oder, bei Bedarf, durch eine Aufkalkung bzw. durch eine Gesundkalkung substituiert werden, um dem Absinken des Boden-pH-Wertes und somit einer Bodenversauerung nachhaltig entgegenzuwirken.
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