Im vergangenen Jahr haben in Deutschland rund 850 Betriebe insgesamt gut 6400 ha Nutzhanf angebaut. Das ist weiterhin eine kleine Nische, denn im gleichen Zeitraum wurden bundesweit rund 6,4 Mio. ha mit Getreide bestellt. Trotzdem erinnert der Hanfanbau Andreas Sandhäger ein wenig an die Renaissance der heimischen Körnerleguminosen: Auch deren Anbaufläche lag lange Jahre unterhalb der Anbaustatistik. Und heute sind Ackerbohne, Erbse und Co. aus der Fruchtfolge vieler Betriebe nicht mehr wegzudenken, erklärte der Direktor des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) beim 5. Witzenhäuser Hanftag.
Anbau und Ernte
Dort diskutierte LLH-Fachmann Erich Gersbeck mit Landwirten, Beratern und Hanfpionieren über neue Aspekte des Anbaus und innovative Verwertungsmöglichkeiten der wiederentdeckten alten Nutzpflanze.Sofern der Boden bei der Aussaat im Frühjahr ab April warm genug ist (mindestens 5 bis 10 °C) und die jungen Pflanzen anschließend genügend Wasser zur Verfügung haben, bereitet der Anbau wenig Schwierigkeiten, erklärte Susanne Scholcz vom Technologie- und Förderzentrum (TFZ) für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing.
80 bis 100 kg N je ha reichen als Dünger aus. Pflanzenschutzmaßnahmen sind in der Regel nicht notwendig, weil die dichten Hanfbestände das Unkraut wirksam unterdrücken. Allerdings werden für die Ernte der meisten Sorten Spezialmaschinen benötigt. Lediglich kurzstrohige, samenreiche Sorten für die reine Körnergewinnung wie „Finola“ lassen sich mit herkömmlichen Mähdreschern ernten.
Das Stroh der Faserhanfsorten bleibt dann nach dem Drusch zur sogenannten Röste noch mehrere Wochen auf dem Feld. In komplexen mikrobiologischen Prozessen werden dabei Ligin und Pektine abgebaut. Dadurch lösen sich die holzigen Stängelbestandteile (Schäben) bei der späteren Weiterverarbeitung des Hanfstrohs besser von den Fasern.
Wenn das Wetter nicht mitspielt, überwintert das Stroh jedoch auf dem Feld und wird erst im März bei besseren Bedingungen gepresst und geborgen, beschrieb Thomas Schink von der VOFA-Vogtlandfaser seine Erfahrungen. Der Betrieb in Thüringen baut in Kooperation mit weiteren Partnern rund 330 ha Nutzhanf an und betreibt seit 2004 außerdem eine Anlage zum technischen Faseraufschluss.
Damit kann Schink Samen, Fasern und Schäben getrennt verwerten. Trotzdem ist die Vermarktung der Hanfprodukte kein Selbstläufer. Kurzfasern beispielsweise sind derzeit ein interessanter Rohstoff zur alternativen Papierherstellung. Die Papierfabriken benötigen aber deutlich größere Mengen, als die Hanfanbauer liefern können. Für die Hanfsamen bzw. -nüsse gibt es dagegen mittlerweile einige bewährte Absatzschienen. Sie werden beispielsweise zu diversen Lebensmitteln verarbeitet. Das Öl wird zudem in pharmazeutischen oder kosmetischen Produkten eingesetzt. Und nicht zuletzt schwören etliche Taubenzüchter auf Hanfsamen als „Sportlernahrung“ für ihre Wettkampftiere.
Qualitätskontrolle muss sein
Unangenehme Überraschungen gibt es hingegen schon mal bei der Eingangskontrolle für Hanfsamen: So berichtete Christopher Köhler von der Hanf-Industries GmbH in Bad Langensalza von teilweise zu hohen Gehalten an Tetrahydrocannabinol (THC) bei bestimmten Sorten. THC ist für die Rausch- und Suchtwirkung verantwortlich. Der Gehalt darf 3,0 mg/kg Hanfsamen nicht überschreiten. Bei grenzwertigen Chargen lässt sich der Gehalt an unerwünschten Stoffen jedoch häufig über eine Reinigung reduzieren und die Nüsse sind anschließend vermarktungsfähig.
Über einige Jahre Hanferfahrung verfügt mittlerweile eine Gruppe von rund zehn Landwirten aus dem Werra-Meißner-Kreis. Wie Freya Fehr vom dortigen Kreisbauernverband erklärte, bauen die Landwirte in der Region überwiegend die Kombinationssorte „USO 31“ an, um das Ertragsrisiko zu streuen. Die gewinnbringende Verwertung des Strohs gestaltet sich aber zuweilen schwierig, weil die meisten Anlagen zum Faseraufschluss weit entfernt sind. Entsprechend teuer ist der Transport der Hanfstrohballen dorthin.
Hanfpellets herstellen?
Als Alternative arbeiten die osthessischen Hanfanbauer an einer Lösung zur Hanfstroh-Pelletierung. Sie haben mit sogenannten EIP-Agri-Fördermitteln eine Anlage zum Ballenauflösen angeschafft und lassen zurzeit eine zweite Maschine anfertigen, die das sehr feste und zähe Hanfstroh zu extrem saugfähigen Premium-Pellets verarbeiten kann. Diese sollen dann Verwendung als Einstreu in der Geflügelmast oder Pferdehaltung finden bzw. in der Champignonzucht eingesetzt werden.
Der große Vorteil: Das Stroh müsste nicht mehr geröstet und in Faser und Schäben separiert werden. Außerdem entfällt der Transport der großvolumigen Ballen, während sich die Pellets auch in der Region vermarkten lassen. In der Hanfbranche braucht man eben gute Ideen, damit sich der Anbau der vielseitigen Pflanze auch für die Landwirte rechnet.
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