Aus dem Inhalt Ihrer Anfrage können wir keine sicheren Rückschlüsse auf den Rechtsstatus des betroffenen Weges ziehen. Fest steht lediglich, dass es sich um einen Weg handelt, der entsprechend parzelliert ist, und ursprünglich offenbar zur Erschließung der anliegenden Waldparzellen zur Gewährleistung der Bewirtschaftung und der ungehinderten Abfuhr der Holzprodukte gedient hat.
Die tatsächliche Nutzung hat aber offenbar über viele Jahre hinweg nicht mehr stattgefunden. Anders ist es nicht zu erklären, dass auf der Wegeparzelle einzelne Bäume herangewachsen sind. Diese haben zudem eine Massestärke erreicht, die zu der Fragestellung geführt hat, in welchem Verhältnis das herangewachsene Holz zwischen den Anliegern zu verteilen ist.
Auslöser der Anfragen ist eine forstwirtschaftliche Maßnahme, die ein Anlieger unter Nutzung des Weges in seinem Bestand vorzunehmen plant. Üblich ist, dass solche Wege in der Vergangenheit zur Erschließung mehrerer Wirtschaftsflächen als „Interessentenwege“ angelegt worden sind. Interessentenwege sind nach Maßgabe des seinerzeit geltenden Preußischen Wegerechts solche, die für den Gebrauch eines bestimmten oder bestimmbaren Personenkreises gebaut und genutzt worden sind. Besteht die Interessentengemeinschaft zwischen den anliegenden Waldbesitzern, so haben solche Wege regelmäßig die Rechtseigenschaft von Privatwegen gehabt. Diese wurde in „Rezessen“ als rechtlich bindende Vereinbarung zwischen den Interessenten begründet. Diesen wurde sowohl das Nutzungsrecht eingeräumt als auch die Unterhaltungspflicht auferlegt. Bei anliegenden Grundstücken bestimmte sich der Umfang der Unterhaltungspflicht entweder nach der Größe des Anliegergrundstücks. Je größer das Anliegergrundstück war, desto näher lag die Vermutung, dass damit auch die Inanspruchnahme des Weges und dessen Abnutzung zunahm.
Je nach Inhalt des Rezesses war es aber auch denkbar, dass auf die Grenzlänge zwischen den Grundstücken und dem Wirtschaftsweg abgestellt wurde. Sollte in Ihrem Fall ein Rezess vorhanden sein, so enthält dieser sicherlich auch Aussagen zum Umfang der Unterhaltungspflichten.
Neben den reinen Privatwegen kommt es aber auch immer wieder vor, dass die Gemeinde Mitglied der Interessentengemeinschaft geworden ist. Diese hatte in der Vergangenheit oftmals ein Interesse, die Nutzung der Wege etwa als überörtliche Verbindungsstrecke oder auch aktuell aus touristischen Erwägungen, etwa zur Anlage eines überörtlichen Radwegs, zu nutzen. In einem solchen Fall hat auch die Gemeinde regelmäßig einen Anteil an den Unterhaltungspflichten übernommen. Das Thema spielt in den Gemeindeverwaltungen auch heute noch eine Rolle, wenn etwa aufgrund Änderung von Flur- und Flurstücksbezeichnungen sowie zwischenzeitlichen Eigentumsübergängen keine klare Zuordnung der Rechte und Pflichten der Eigentümer mehr erfolgen kann. Zwar haben die Gemeinden in der Vergangenheit aufgrund des Gesetzes über die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten aus dem Jahr 1956 sowie aus den jeweiligen Rezessen versucht, Rechtsklarheiten zu schaffen. Diese Versuche sind mangels Nachvollziehbarkeit der ursprünglich vereinbarten Rechts- und Pflichtenpositionen aber oftmals gescheitert.
Im Falle eines reinen Privatweges muss das auf der Wegeparzelle aufstehende Holz gemäß ihren Flächenanteilen aufgeteilt werden. Auch der Anteil der Unterhaltspflichten richtet sich nach der an den Weg angrenzenden Größe der jeweiligen Wirtschaftsfläche. Etwas Abweichendes kann sich nur aus bestehenden Rezessvereinbarungen ergeben. Sollte auch die Gemeinde Unterhaltspflichten übernommen haben, so wird sie aus haushalterischen Gründen ein Interesse daran haben, diese zu minimieren. Hierzu wurden in der Vergangenheit wiederholt Wegeunterhaltungsverbände gegründet, an denen insbesondere die anliegenden Waldbesitzer beteiligt sind. Aber auch die Gemeinde kann bei Nutzung des Weges aus überörtlichen Interessen dem Verband als Mitglied beitreten und somit auch einen Teil der Unterhaltspflichten übernehmen. Die Aufteilung der Rechte und Pflichten erfolgt dabei aufgrund der Statuten des Verbandes.
Wir können Ihnen nur dazu raten, sich mit den übrigen Anliegern als auch mit der Gemeinde in Verbindung zu setzen, um bestehende altrechtliche Vereinbarungen, die regelmäßig im Rahmen eines Rezesses erfolgt sind, aufzuklären. Sollten solche Dokumentationen nicht auffindbar sein, liegt es nahe, die Verteilung des auf der Wegeparzelle stehenden Holzes sowie der Instandsetzungskosten gemäß den betroffenen Grundstücksgrößen vorzunehmen.
(Folge 30-2020)