Das Verfahren zur Jagdscheinverlängerung wird von den 52 Unteren Jagdbehörden in NRW leider sehr unterschiedlich gehandhabt. Einige Jagdbehörden gestatten es den Jagdscheinbewerbern, ihnen die Antragsunterlagen auf dem Postweg zu übermitteln. Manche Jagdbehörden stellen dies als Corona-bedingte Ausnahme dar, andere wollen diese Verfahrensweise für die Zukunft generell einführen. Nach Prüfung der Verlängerungsvoraussetzungen schicken diese Jagdbehörden dann das verlängerte Jagdscheindokument nebst Gebührenbescheid an die Antragsteller zurück.
Körperliche und geistige Eignung prüfen
Die Mehrzahl der Jagdbehörden in NRW fordert indessen von den Antragstellern, dass sie entweder bei der Einreichung der Unterlagen oder bei der Abholung des verlängerten Jagdscheindokuments persönlich bei der Behörde erscheinen. Begründet wird dies zumeist mit dem Hinweis, man sei gesetzlich verpflichtet, die körperliche und geistige Eignung der Jagdscheinbewerber regelmäßig zu überprüfen und sei deshalb aufgrund eines Erlasses der Obersten Jagdbehörde vom 8. August 2002, bestätigt in den Dienstlichen Mitteilungen vom 1. Juni 2015, angehalten, dazu das persönliche Erscheinen eines jeden Jagdscheinbewerbers bei der Jagdbehörde anzuordnen.
Konflikt mit der Rechtsordnung
Diese Vorgehensweise steht nicht im Einklang mit der Rechtsordnung. Bereits Ende 2015 hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln entschieden, dass eine Jagdbehörde in NRW das persönliche Erscheinen nicht generell, das heißt ohne konkreten Anlass, anordnen dürfe, um sich einen Eindruck von der körperlichen und geistigen Eignung des Jagdscheinbewerbers zu verschaffen. Eine solche Maßnahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sie gesetzlich angeordnet sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. Diese Entscheidung wurde durch das Oberverwaltungsgericht NRW im März 2019 bestätigt.
Dass viele Jagdbehörden in Nordrhein-Westfalen trotzdem weiterhin auf das persönliche Erscheinen der Jagdscheinbewerber bestehen, ist rechtsstaatlich bedenklich und für die Betroffenen ärgerlich. Befragt nach den Gründen für diese Vorgehensweise ohne rechtliche Grundlage antworten die betreffenden Jagdbehörden, man setze auf die besondere Rechtsgläubigkeit der Jäger und auf deren Interesse, möglichst komplikationslos an die Verlängerung ihrer Jagdscheine zu gelangen.
Anordnungen muss legitimiert werden
Einige wenige Jagdbehörden in NRW gehen sogar noch einen Schritt weiter und verlangen von jedem Jäger ab dem 80. Lebensjahr vor der Jagdscheinverlängerung die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen Attests über seine körperliche und geistige Eignung. Zwar können Jagdbehörden eine solche Auflage machen, aber nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der entsprechenden Eignung wecken. In Betracht kommen etwa Hinweise aus dem persönlichen Umfeld des Betroffenen oder Mitteilungen aus anderen Behörden, zum Beispiel Gesundheitsämter, Polizei- oder Straßenverkehrsbehörden.
Einheitliche Regelung wünschenswert
Trotz dieser Rechtslage befinden sich Jäger, deren Jagdbehörde die Jagdscheinverlängerung vom persönlichen Erscheinen oder sogar von der Vorlage einer ärztlichen Eignungsbescheinigung abhängig macht, in einem Dilemma. Natürlich sollten sie die Jagdbehörde zunächst auf die Rechtslage hinweisen und die Jagdscheinverlängerung im schriftlichen Verfahren einfordern. Stellt sich die Jagdbehörde dennoch quer, bleibt dem Jagdscheinbewerber entweder der verwaltungsgerichtliche Klageweg oder er beugt sich der rechtswidrigen Anordnung der Jagdbehörde, um mit Beginn des neuen Jagdjahres im Besitz eines gültigen Jagdscheines zu sein. Es wäre wünschenswert, dass die Oberste Jagdbehörde in NRW für eine einheitliche, praktikable und vor allem rechtskonforme Verfahrensweise aller Jagdbehörden in NRW bei der Verlängerung von Jagdscheinen sorgen würde.
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