Wildschäden in einer Speisemöhrenkultur sind nicht grundsätzlich ersatzpflichtig. Werden die Möhren in einem Haus- und Hofgarten angebaut, handelt es sich um einen befriedeten Besitz. Für diesen gilt die
gesetzliche Wildschadenersatzpflicht nicht. Es bleibt dem Gartenbesitzer nichts anderes übrig, als sich etwa durch einen Zaun gegen das Eindringen der Wildschweine zu schützen.
Werden die Speisemöhren hingegen im Jagdbezirk angebaut, kommt es darauf an, in welchem Landesteil von NRW der Anbau erfolgt. Denn davon hängt ab, ob die Speisemöhren als sogenannte Sonderkultur im Sinne des § 32 Absatz 2 Bundesjagdgesetz (BJG) zu bewerten sind oder als Feldpflanze im feldmäßigen Anbau. Während Gartenpflanzen als Sonderkultur durch geeignete Schutzmaßnahmen gegen Schwarzwild seitens des Anbauers geschützt werden müssen, um einen Anspruch auf Wildschadenersatz zu erhalten, gilt diese Schutzpflicht für Feldpflanzen nicht.
Je nach Anbausituation kann dabei eine Gartenpflanze in der Verkehrsanschauung zur Feldpflanze werden. Die Rechtsprechung verlangt hierfür, dass der Feldanbau in einer Region so überwiegt, dass der Gartenanbau im Verhältnis hierzu kaum noch eine Rolle spielt. Es reicht dabei jedoch nicht aus, dass in einem Kreisgebiet im Verhältnis zum Gartenanbau der landwirtschaftliche Anbau überwiegt. Vielmehr muss ein deutlich größeres Gebiet betroffen sein, etwa ein ganzer Landesteil. Auch ist nach der Rechtsprechung nicht das Verhältnis von Garten- zu Feldanbau zu betrachten. Vielmehr ist zu schauen, ob die Pflanze einen nicht unerheblichen Anteil des Sonderkulturanbaus in dieser Region ausmacht.
Für die Speisemöhre ist dies für den Landesteil „Nordrhein“ in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung bestätigt worden. Dort erhält der Anbauer folglich auch dann Wildschadenersatz, wenn die Fläche nicht eingezäunt wurde. Da Anbauflächen in Größe und Aufwuchs dem Wandel unterliegen, besteht aber keine Gewähr dafür, dass die Bewertung in Zukunft nicht anders ausfallen kann.
In Westfalen-Lippe muss bei Speisemöhrenanbau bisher davon ausgegangen werden, dass der Feldanbau nicht die entscheidende Rolle spielt. Hier muss der Anbauer also Schutzmaßnahmen ergreifen. Die Durchführungsverordnung zum Landesjagdgesetz verlangt dabei, dass ein geeigneter Zaun 30 cm in die Erde einzugraben ist und mindestens 1,20 m hoch sein muss, um gegenüber Wildschweinen ausreichenden Schutz zu bieten. Ohne Schutz gibt es folglich in Westfalen-Lippe auch keinen Wildschadenersatz.
Handelt es sich hingegen um sogenannte Industriemöhren, ist davon auszugehen, dass es sich um reine Feldpflanzen handelt und zwar unabhängig davon, in welchem Landesteil von NRW der Anbau erfolgt. Denn Industriemöhren werden nicht als Gartenpflanzen angebaut, sondern allein im feldmäßigen Anbau verwendet. Auch wenn diese dann etwa zu Saft oder sonstigen Produkten weiterverarbeitet werden, wird man nicht davon ausgehen können, dass eine Industriemöhre zugleich auch ein hochwertiges Handelsgewächs ist, welches nach § 32 Absatz 2 BJG dann ebenfalls zur schutzbedürftigen Sonderkultur zählen würde. Für Industriemöhren gibt es also auch ohne Einzäunung Ersatz.