Die Pflichten des Nachbarn hängen davon ab, in welchem Zustand sich dessen Fichten vor dem Schaden befunden haben. Ließ der äußere Zustand der Bäume vor dem Sturm keine Rückschlüsse auf deren Schädigung bzw. eingeschränkte Standsicherheit zu, handelt es sich um einen Fall höherer Gewalt. Der Schaden an Ihrem Zaun ist in diesem Fall ohne ein Verschulden des Nachbarn eingetreten. Ihn träfe deshalb auch keine Verpflichtung zur Beseitigung des Schadens einschließlich des Wegräumens der Fichten von der Weide.
Wir vermuten, dass zumindest ein Teil der Fichten Kalamitätsspuren aufwies. In diesem Fall wäre eine mögliche Beeinträchtigung angrenzender Flächen für den Nachbarn vorhersehbar gewesen. Zwar führt ein Käferbefall nicht notwendigerweise zu einem kurzfristigen Wegfall der Standsicherheit von Fichten. Sichtbare Schadbilder müssen den Waldbesitzer aber veranlassen, jedenfalls im Randbereich ein besonderes Augenmerk auf den Zustand der Bäume zu haben. In einem solchen Fall haben Sie als Nachbar die Argumente auf Ihrer Seite, dass der Schaden am Zaun aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Ihres Nachbarn nicht nur vorhersehbar war, sondern letztlich auch ursächlich entstanden ist. Deshalb muss Ihnen der Nachbar nicht nur den Schaden am Zaun ersetzen, er muss auch die Fichten von Ihrer Weide räumen.
(Folge 22-2020)