Um das eigene Revier zu erreichen, dürfen Jäger grundsätzlich zum allgemeinen Gebrauch bestimmte Wege im Nachbarrevier betreten und befahren. Dies gilt auch dann, wenn der Weg zwar nicht für den allgemeinen Gebrauch bestimmt, aber zumindest für den land- und forstwirtschaftlichen Verkehr freigegeben ist. Denn nach der Rechtsprechung erfasst die Freigabe eines Weges für die Land- und Forstwirtschaft auch die Jagdausübung. Handelt es sich hingegen bei den im fremden Revier gelegenen Wegen um Privatwege, so ist deren Befahren grundsätzlich nicht erlaubt. Ebenso verbietet sich dann „zur Jagd ausgerüstet“, solche Privatwege im Nachbarrevier zu belaufen, um das eigene Revier zu erreichen. Ausnahmsweise ist die Betretung und Befahrung von im Nachbarrevier gelegenen Wegen zulässig, wenn es sich um einen „Jägernotweg“ nach § 27 Landesjagdgesetz NRW handelt. Hiernach kann entweder ein Notwegverlauf durch das Nachbarrevier zwischen den Beteiligten (Grundstückseigentümer und Jagdausübungsberechtigte) einvernehmlich geregelt werden oder die Untere Jagdbehörde legt den Jägernotweg nötigenfalls fest. Die Befugnis zur Nutzung eines Notweges durch ein fremdes Revier ist dann gegeben, wenn das eigene Revier nicht oder nur auf einem unzumutbaren Umweg über zum allgemeinen Gebrauch bestimmte Wege zu erreichen ist.
Bei der Benutzung eines Notweges dürfen Schusswaffen nur ungeladen und Hunde nur an der Leine mitgeführt werden.
Auf dem direkten Weg von zu Hause zum Revier und zurück darf ein Jäger die Waffe nicht schussbereit, also insbesondere im entladenden Zustand, bei sich führen. So kann er etwa auch den im fremden Revier befindlichen Jägernotweg durchaus mit der geschulterten Waffe betreten.
Grundsätzlich sollte aber mit Blick auf die restriktive Handhabung der waffenrechtlichen Bestimmungen schon der geringste Anschein vermieden werden, dass eine Waffe unberechtigt geführt wird. Im Auto gehört die entladende Waffe in den Kofferraum in ein Behältnis oder Futteral. Und selbst beim Betreten des Jägernotweges wird ein klares Zeichen gesetzt, wenn die Waffe im Futteral verbleibt.
Selbst gegen eine eigentlich zulässige Wegenutzung kann ein Unterlassungsanspruch bestehen, wenn diese mit einer erheblichen Störung der Jagdausübung in diesem Revier verbunden ist. Regelmäßiges (neugieriges) Abfahren von Äsungsflächen und das unnötige Fahren zu besten Ansitzzeiten – noch dazu unter dem besetzten Hochsitz des Nachbarrevieres – kann je nach Umständen des Einzelfalls rücksichtslos sein und dann auch einen Abwehranspruch des Reviernachbarn gegen eine ansonsten zulässige Wegenutzung begründen.
(Folge 12-2021)