Durch das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes (EGMR) in Straßburg wird die Pflichtmitgliedschaft aller Eigentümer bejagbarer Flächen in Jagdgenossenschaften im Grundsatz nicht infrage gestellt. Der EGMR hat lediglich ausgeführt, dass die Pflicht zur Duldung der Jagdausübung für solche Grundstückseigentümer eine unverhältnismäßige Belastung darstellt, die aus höchstpersönlichen, ethischen Gründen die Jagd ablehnen. Nur diesen Personen muss die Möglichkeit eröffnet werden, die Jagdausübung auf ihren Grundstücken verbieten zu können.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass das jahrzehntelang bewährte Reviersystem und das Prinzip der notwendigen flächendeckenden Bejagung durch das Urteil nicht infrage gestellt werden. Lediglich für den erwähnten Ausnahmefall eines konkreten Gewissenskonfliktes gilt es, eine Lösung zu finden. Das Urteil hat keine unmittelbare Gesetzeskraft, sodass daraus allein derzeit noch kein jagdfeindlicher Grundeigentümer einen unmittelbaren Anspruch auf Einhaltung einer Jagdruhe auf seinen Flächen herleiten kann. Die Jagdbehörden und die Gerichte sind weiterhin an bestehende Jagdgesetze und ans Grundgesetz gebunden. Vielmehr ist nun in erster Linie der Gesetzgeber aufgerufen, den vom EGMR behandelten Fall eines Gewissenskonfliktes zu regeln. Denkbar wäre eine bundeseinheitliche Lösung durch entsprechende Anpassung des Bundesjagdgesetzes. Dort wäre zu regeln, dass einem Grundeigentümer, der die Jagd glaubhaft aus ethischen Gründen ablehnt, das Recht eingeräumt wird, für seine Flächen Jagdruhe zu beantragen, soweit einer solchen Maßnahme nicht überwiegende Belange des Allgemeinwohls, zum Beispiel übermäßige Wildschäden oder die Gefahr von Wildseuchen, entgegenstehen. Auf diese Weise wäre den Vorgaben des EGMR an das deutsche Jagdrecht Genüge getan, ohne das Reviersystem und das Prinzip der flächendeckenden Bejagung im deutschen Jagdsystem zu beseitigen.
Notwendig dürften allerdings Regelungen zum Wildschadenersatz werden. Denn durch Jagdruhe auf einzelnen Grundstücken kann es dort zu erhöhten Wildbeständen und in deren Folge zu erhöhten Wildschäden auf benachbarten Flächen kommen. Der Gesetzgeber wird daher kaum umhinkönnen, den Eigentümer von Grundstücken, der für seine Flächen eine Jagdruhe durchsetzt, in angemessener Weise an der Wildschadenshaftung auf Nachbarflächen zu beteiligen.
Das dem Beschwerdeführer vom EGMR zugesprochene Schmerzensgeld soll lediglich einen einmaligen Ausgleich für die durch das langjährige Verfahren erlittenen Beeinträchtigungen darstellen. Es ist nicht als finanzielle Kompensation für die Jagdduldungspflicht gedacht. Demgemäß kann auch kein anderer Jagdgenosse ein solches Schmerzensgeld verlangen.