Die geschilderte Befallssituation ist typisch für die Rosskastanienminiermotte und kann häufig beobachtet werden. Während einzelne Bäume in jedem Jahr stark befallen werden, zeigen benachbarte Bäume keinen, einen deutlich geringeren oder erst spät im Jahr auftretenden Befall. Dieses Phänomen wird auf ein unterschiedliches Blattaustriebsverhalten und unterschiedliche Zusammensetzung der Blattinhaltsstoffe zurückgeführt. Tatsächlich wird die rotblütige Rosskastanie (Aesculus x carnea „Briotii“) deutlich weniger stark befallen. Auch an dieser werden Eier abgelegt, die Jungraupen sterben aber mehrheitlich kurz nach dem Schlupf.
Die Kastanienminiermotte stammt ursprünglich aus Mazedonien und wurde Ende der 1980er-Jahre verschleppt. In Deutschland wurde sie zuerst 1993 beobachtet und besiedelte in ihrer Invasionsphase innerhalb weniger Jahre ganz Deutschland. Da die Art mehrere Generationen pro Jahr ausbildet, können die Blätter der Rosskastanie bei starkem Befall bereits im August völlig verbraunt sein. Bei sehr starkem Befall und frühem Blattverlust kann es sogar zu einem Neuaustrieb und Blütenbildung im Herbst kommen. Dann kommt es zu dem skurrilen Effekt von Blüten und reifen Früchten am selben Baum.
Da selbst stark befallene Bäume zu Beginn der Vegetationsphase grüne Blätter haben und bis zur vollständigen Verbraunung bzw. bis zum Blattfall Photosynthese betreiben, wird durch den Befall zwar das Wachstum gehemmt, die Bäume sterben jedoch nicht ab. Befallene Bäume müssen daher wegen der Kastanienminiermotte nicht entfernt werden.
Da die Kastanienminiermotte in der Laubstreu überwintert, sollte im Herbst das Falllaub konsequent entfernt und entsorgt (nicht kompostiert!) werden. Dadurch lässt sich die Befallsdichte in der ersten Generation im Frühjahr deutlich reduzieren und damit auch der Folgebefall etwas mindern. Ein Zuflug der Kastanienminiermotte lässt sich jedoch nicht verhindern, sodass Befallsfreiheit nicht zu erreichen ist. Leider haben sich auch noch keine effektiven Fraßfeinde der Kastanienminiermotte gefunden, die das Befallsgeschehen beeinflussen könnten.
Neben den deutlichen Fraßminen der Kastanienminiermotte wurden auf den eingesandten Kastanienblättern auch Blattbräunepilze gefunden. Dabei handelte es sich um Guignardia aesculi und unspezifische saprophytische Pilze, die auf abgestorbenem Blattmaterial siedeln. Guignardia aesculi ist ein Blattschädling. Eine Neuinfektion im zeitigen Frühjahr lässt hier ebenfalls durch das Entfernen des Falllaubes begrenzen.