Wochenblatt-Leserin Sabine T. in A. fragt: Mithilfe von Wasserkraft lässt sich erneuerbarer Strom erzeugen. Wäre es nicht möglich, in NRW mehr Wasserkraft zu nutzen und so zu verhindern, dass der Landwirtschaft durch PV-Freiflächenanlagen Land verloren geht?
Katja Stückemann, Redaktion, antwortet: Wasserkraft ist in Nordrhein-Westfalen nicht aus der (erneuerbaren) Kraftwerkslandschaft wegzudenken. Im Vergleich zu Sonnen- und Windenergie hat Wasserkraft den Vorteil, dass die Stromproduktion weniger volatil ist. Mit Wasserkraft lässt sich gleichmäßig Strom erzeugen. Ausnahmen – das haben die vergangenen Jahre leider gezeigt – können extrem trockene Jahre bilden.
Wasserkraft lässt sich aber nicht beliebig ausbauen: Es müssen geeignete Fließgewässer oder Stauseen vorhanden sein und die ökologischen Auswirkungen zum Beispiel auf Fische, auf die Fließgeschwindigkeit des Wassers, die Wassertemperatur und den Sauerstoffgehalt müssen berücksichtigt werden.
Wasserkraft zu 87 % ausgenutzt
Das in NRW vorhandene Wasserkraftpotenzial von etwa 600 Mio. kWh/Jahr wird heute zu rund 87 % ausgenutzt: Knapp 450 Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung von etwa 200 MW erzeugen in NRW jedes Jahr rund 549 Mio. kWh Strom aus Wasserkraft. Nach Zahlen des Landesamtes für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) lag der Anteil der Wasserkraft an der Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien in NRW im Jahr 2020 bei rund 2 %. Zum Vergleich: Biomasse produzierte 24 %, PV-Freiflächen-Anlagen 1 %, PV-Dachanlagen 20 %, Windenergieanlagen 48 % des erneuerbaren Stroms. Der Rest stammte aus Gruben-, Klär- und Deponiegas.
Modernisieren und Talsperren nutzen
Nach Zahlen des Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE) NRW sind 2022 landesweit drei neue Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 170 kW neu ans Netz gegangen. Das größte Potenzial liegt laut LEE in der Modernisierung bzw. im Repowering bestehender Standorte. Diese Anlagen könnten ihre Stromerträge so kurzfristig im Schnitt um 20 bis 25 % erhöhen. Zusätzlich gibt es Potenzial an bereits bestehenden Staustufen und auch an Talsperren. So gibt es in NRW insgesamt 81 Talsperren, aber nur an 38 wird Wasserkraft genutzt.
84 Freiflächenanlagen ersetzen möglich
Würde das Wasserkraftpotenzial in NRW zu 100 % ausgenutzt, könnten rein rechnerisch jährlich zusätzlich rund 82 Mio. kWh Strom erzeugt werden. Das ist nicht wenig. Es entspricht in etwa der Strommenge, die sich mithilfe von knapp 84 ha PV-Freiflächenanlagen erzeugen lässt.
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(Folge 15-2023)