Wochenblatt-Leser Bernd D. in W. fragt: Wir betreiben zwei Photovoltaikanlagen (Baujahr 2009, 107 kWp Volleinspeisung, und Baujahr 2011, 150 kWp Überschusseinspeisung). Für den eingespeisten Strom erhalten wir die EEG-Vergütungen. Inzwischen höre ich aber von hohen Strompreisen an der Börse. Ist ein Wechsel in die Direktvermarktung möglich und sinnvoll?
Energieberater Nils Seidel, Landwirtschaftskammer NRW, gibt Auskunft: Bei der Direktvermarktung wird der von der PV-Anlage erzeugte und in das öffentliche Netz eingespeiste Strom über einen Direktvermarkter an der Strombörse gehandelt. Bei neuen PV-Anlagen ist die Direktvermarktung seit dem 1. Januar 2016 ab einer installierten Leistung von 100 kWp verpflichtend.
Wechsel an die Börse möglich
Doch auch für Bestandsanlagen, die über das EEG eine feste Einspeisevergütung erhalten, besteht die Möglichkeit, den Strom an der Börse zu vermarkten. Voraussetzung ist, dass der Direktvermarkter die Ist-Einspeisung abrufen und die Einspeiseleistung ferngesteuert werden kann. In der Regel müssen daher zusätzlich technische Geräte und Zähler installiert werden, die weitere laufende Kosten verursachen. Des Weiteren muss die Änderung beim Netzbetreiber einen Monat vorher angemeldet werden.
Managementprämie
Die Einspeisevergütung der Anlage ändert sich bei einem Wechsel in die Direktvermarktung nur geringfügig. Durch die Direktvermarktung wird die Einspeisevergütung um die Managementprämie von 0,4 Cent/kWh erhöht. Gleichzeitig ändert sich auch die Auszahlung der Vergütung. Vom Direktvermarkter erhält der Anlagenbetreiber den Erlös, der an der Börse erzielt wurde. Vom Netzbetreiber wird dann die Differenz der Einspeisevergütung inklusive Managementprämie zum Monatsmarktwert Solar gezahlt.
Wirtschaftlichkeit berechnen
Bei Anlagen kleiner 150 kWp reicht die Managementprämie oft nicht aus, um die laufenden Kosten der Direktvermarktung zu decken, wodurch für eine Wirtschaftlichkeit die Erlöse an der Börse die garantierte Einspeisevergütung übersteigen müssen. Gerade bei älteren Anlagen mit Einspeisevergütungen teilweise über 40 Cent/kWh ist dies eher unwahrscheinlich. Der Monatswert Solar lag im Juni 2022 bei 18,9 Cent/kWh.
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(Folge 29-22)