Kugeln auf dem Schornstein

Kugeln auf dem Schornstein eines Bauernhofes sind eine aufwendige architektonische Zier, nicht mehr und nicht weniger. Sie sind so oder ähnlich an vielen Gebäuden der Barockzeit, etwa auf adligen Landsitzen und auf Bürgerhäusern in Westfalen nachweisbar. An manchen historischen Gebäuden haben sie sich bis heute erhalten.

Eine weitere, wie auch immer geartete Bedeutung haben die Kugeln aber nicht. Bei der von Ihnen zitierten Erklärung des Landwirts handelt es sich also um eine „volksetymologische Herleitung, die ein bemerkenswertes oder seltsames Faktum erläutern und den eigenen Status hervorheben soll“, wie Dr. Volker Tschuschke vom Landeskundlichen Institut Westmünsterland in Vreden gegenüber dem Wochenblatt bestätigt hat.

Die kugelrunden Schornstein-Bekrönungen erforderten einen gewissen Aufwand, der auf entsprechendes Baukapital oder Hofvermögen schließen lässt. Das besaßen sicherlich viele Schulzenhöfe. Die allermeisten dieser Höfe gehörten aber bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts einer adligen oder geistlichen Grundherrschaft, waren also nicht „frei“.

Als „frei“ werden Hofstellen in Westfalen bezeichnet, die bereits vor den preußischen Agrarreformen des 19. Jahrhunderts („Bauernbefreiung“) keine Abgaben an einen Grundherrn oder Dienstpflichten zu leisten hatten. Die großen, meist schon im Mittelalter gegründeten Vollbauernhöfe waren in Westfalen selten frei. Umso häufiger aber waren es die kleinen Hofstätten, die vergleichsweise spät, im 17. und 18. Jahrhundert, gegründet worden sind.

(Folge 11-2018)