Wochenblatt-Leser Markus R. fragt: Über mein Grünland läuft die Hauptleitung des Wasserbeschaffungsverbandes. Eine Grunddienstbarkeit wurde nicht eingetragen. Kann ich wegen einer Bebauung die Verlegung der Leitung verlangen? Für eine andere Fläche möchte der Verband eine Grunddienstbarkeit eintragen. Wie viel Geld kann ich pro laufendem Meter im Jahr verlangen?
Thomas Hemmelgarn, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: Für Wasserversorgungsleitungen gibt es, wie auch bei Strom- und Gasleitungen, unter bestimmten Voraussetzungen eine unentgeltliche Duldungspflicht für den von der Leitung betroffenen Grundstückseigentümer.
Soweit die Voraussetzungen für eine derartige Duldungspflicht in Ihrem Fall erfüllt sind, gilt diese allerdings nicht unbeschränkt. Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVB WasserV) sieht vor, dass die unentgeltliche Duldungsverpflichtung entfällt, wenn die Inanspruchnahme des Grundstückes den Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde. Diese könnte zum Beispiel dann gegeben sein, wenn erforderliche Baumaßnahmen durch die vorhandene Leitung erschwert oder unmöglich gemacht werden. Das Vorliegen einer unzumutbaren Belastung müssen Sie als Grundstückseigentümer gegenüber dem Wasserversorger in prüfbarer Weise darlegen.
Entschädigung frei verhandelbar
Sofern danach ein Anspruch auf Entfernung der Leitung bestehen würde, hätte der Wasserversorger grundsätzlich einen Anspruch auf Neuverlegung der Leitung über Ihre Grundstücke an anderer Stelle, soweit für diese Grundstücke dann auch eine unentgeltliche Duldungspflicht bestehen würde. Sollte dieses der Fall sein, könnte der Wasserversorgungsverband die Leitungen auch ohne vertragliche Vereinbarung mit Ihnen verlegen und betreiben. Sofern für die zur Inanspruchnahme beabsichtigten Grundstücke keine Duldungspflicht zugunsten des Wasserversorgers bestehen sollte, bedürfte es einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Wasserversorgungsverband. Hierzu wird regelmäßig zwischen den Beteiligten ein Gestattungsvertrag über das Verlegen und den Betrieb der Leitung und damit verbundener Entschädigungszahlungen an den Grundstückseigentümer geschlossen. Die Höhe der Entschädigung ist frei verhandelbar. Je nach Art und Lage der Leitungen könnten zum Beispiel 2 € je lfd. m pro Jahr oder eine Einmalzahlung in Höhe von 20 €/m in Betracht kommen.
Ein solcher Gestattungsvertrag würde allerdings nur zwischen den Vertragsparteien selbst Wirkung entfalten. Im Falle einer Rechtsnachfolge, zum Beispiel bei Übertragung der betroffenen Grundstücke an den Hofnachfolger oder Veräußerung dieser Grundstücke, würden die Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht den Rechtsnachfolger binden. Werden die vertraglichen Rechte und Pflichten aber durch Eintragung im Grundbuch durch eine sogenannte Grunddienstbarkeit gesichert, gelten diese Vereinbarungen nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch für jeden nachfolgenden Eigentümer der Grundstücke.
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(Folge 49-2022)