Wochenblatt-Leser Johannes H. in S. fragt: Seit etwa 30 Jahren führt ein Entwässerungsrohr etwa auf 10 m2 durch mein Grundstück. Erst jetzt habe ich davon erfahren. Außerdem hat die Stadt einen Rad- und Fußgängerweg über mein Hausgrundstück gelegt. Wie ist das rechtlich zu beurteilen? Welche Entschädigung kann ich verlangen? Ist es sinnvoll, einen Gutachter zu engagieren, bzw. wo finde ich diesen?
Rechtsanwalt Hubertus Schmitte vom WLV kann informieren: In Ihren Fällen wird das Eigentum durch eine Bebauung (Wasserleitung und Rad- und Fußgängerweg) gestört. Sie können daher grundsätzlich die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Allerdings ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist. Es stellt sich also die Frage, ob eine Duldungspflicht Ihrerseits besteht.
Duldungsverfügung für Wasserleitung?
Hinsichtlich der Wasserleitung käme insofern § 93 Wasserhaushaltsgesetz in Betracht. Danach kann die zuständige Behörde Grundstückseigentümer verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden. Bitte prüfen Sie einmal, ob die Wasserleitung Ihrer zuständigen Stadt aufgrund einer Duldungsverfügung gebaut wurde.
Aber selbst wenn das nicht der Fall ist, könnten Sie die Beseitigung der Leitung nicht verlangen, wenn die Stadt eine entsprechende Duldungsverpflichtung noch ausspricht. Die Stadt hat also noch immer die Möglichkeit, die Leitung rechtlich zu sichern. Sollte das der Fall sein, können Sie als Entschädigung einen Betrag von etwa 20 % des Bodenverkehrswertes pro Quadratmeter in Anspruch genommener Fläche verlangen. Dies ist der Satz, der bei Wasserleitungen in der Praxis angehalten wird.
Radweg dulden?
Grundsätzlich dasselbe gilt für den Rad- und Fußgängerweg. Auch hier stellt sich die Frage, ob Sie zur Duldung verpflichtet sind. Bei Rad- und Fußgängerwegen gehen die Städte sehr unterschiedlich vor. Einige sichern diese nur durch Gestattungsverträge mit den Eigentümern (einvernehmlich), andere lassen den Weg durch ein Planfeststellungsverfahren rechtlich sichern.
Bitte prüfen Sie, ob ein solches Verfahren in Ihrem Fall angewandt wurde. Wäre dies der Fall, gilt für die Entschädigung Folgendes: Da Ihnen die Nutzbarkeit Ihres Grundstücks praktisch vollständig entzogen wurde, haben Sie Anspruch auf Ersatz des vollen Verkehrswertes. Dieser müsste notfalls durch einen Sachverständigen festgestellt werden.
Sachverständigenliste bei der Landwirtschaftskammer
Wer als Sachverständiger für diesen Bereich (Bewertung von Ackerland) öffentlich bestellt und vereidigt ist, ergibt sich aus einer Liste, die bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen geführt wird. Sie können diese über die Homepage der Landwirtschaftskammer einsehen.
Sollte ein Recht zur Duldung durch die Stadt nicht bestehen, könnten Sie grundsätzlich die Beseitigung der Störung verlangen. Doch auch hier gilt: Die Stadt hat heute noch die Möglichkeit, ein Planfeststellungsverfahren „nachzuschieben“. Dann gilt das oben zur Entschädigung Gesagte.
Verjährungsfrist ab Störung und Kenntnis
Hinsichtlich der Verjährung des Beseitigungsanspruchs gilt Folgendes: Grundsätzlich gilt die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren ab Jahresschluss des Jahrs der Störung und Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, längstens jedoch zehn Jahre. Der Anspruch kann also verjährt sein. Dies ändert aber nichts daran, dass Sie selbst als Gestörter die Störung würden beseitigen dürfen. Sie könnten dies nur nicht mehr von dem Störer verlangen und die Kosten daher nicht mehr auf diesen abwälzen.
In Ihrem Fall ist dies irrelevant, da sowohl die Wasserleitung als auch der Rad-/Fußgängerweg von Ihrer zuständigen Stadt sicherlich nicht gewünscht wird, von Ihnen beseitigt zu werden. Daher bleibt es – selbst wenn die Verjährung eingetreten sein sollte – dabei, dass Sie die entsprechende oben genannte Entschädigung verlangen können, sollte ein Duldungsrecht bestehen.
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(Folge 3-2033)