Anhand der Satzung der von Ihnen besuchten Aktiengesellschaften, deren Aktionär Sie ja sind, müsste überprüft werden, ob ein bestimmtes Wahlverfahren vorgeschrieben ist oder ob der Versammlungsleiter ein Wahlrecht ausüben konnte. Ist der Wahlleiter berechtigt, eine offene Abstimmung durchzuführen, bestehen keine Bedenken, wenn die Stimmzettel einem jeweiligen Aktionär zugeordnet werden können. Das ist in Ihrem Fall offensichtlich so, weil auf den Stimmkarten Codes aufgedruckt sind. Eine exakte Dokumentation über Teilnehmer, Anzahl von Stimmrechten und Abstimmungsergebnis ist insofern wichtig, damit Beschlüsse nicht schon wegen fehlender Mehrheiten angefochten werden können.
Zur Erklärung: Das Aktiengesetz schreibt keine bestimmte Form der Stimmabgabe vor (§ 34 Abs. 4 AktG). In der Regel enthält auch die Satzung keine besonderen Regelungen, sondern überlässt es dem Versammlungsleiter, wie abgestimmt wird.
- Fehlt jegliche Satzungsregelung, kann die Hauptversammlung den Abstimmungsmodus durch Mehrheitsbeschluss festlegen. Mangels besonderer Regelungen oder Beschlüsse entscheidet der Versammlungsleiter nach pflichtgemäßem Ermessen über – offene oder geheime – Abstimmungen durch Handaufheben, Zuruf oder mittels Stimmzetteln, wie in Ihrem Fall.
- Darüber hinaus kann die Satzung vorsehen oder den Vorstand ermächtigen, dass Aktionäre auch ihre Stimme schriftlich oder im Wege der elektronischen Kommunikation abgeben dürfen. Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen nach § 133 Abs. 1 AktG der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das Stimmrecht wird gemäß § 134 Abs. 1 AktG nach Aktiennennbeträgen ausgeübt. Auf die Zahl der abgegebenen Stimmen kommt es nicht an.
- Eine Hauptversammlung ist zudem zu protokollieren, wobei (§ 130 Abs. 1 AktG) insbesondere die Art der Stimmabgabe (Handaufheben, Zuruf, Stimmkarten usw.) und die Art der Stimmenauszählung für jeden Antrag ebenso zu protokollieren ist wie das zahlenmäßige Ergebnis der Abstimmung, nämlich Zahl der Ja-Stimmen und der Nein-Stimmen.
- Im Regelfall erfolgt bei Aktiengesellschaften die Protokollierung durch einen Notar, der vom Vorstand ausgewählt und beauftragt wird. Insofern unterliegt dem Notar auch eine Aufklärungs- und Beratungspflicht, insbesondere in Bezug auf die Präsenzerfassung und Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses, des Abstimmungsverfahrens und des Abstimmungsergebnisses unter Beachtung von Mehrheitserfordernissen und Stimmverboten.
- Im Übrigen besteht nach herrschender Meinung (vergl. Kölner Kommentar AktG/Zöllner § 133 Randz. 146) kein Anspruch auf eine geheime Abstimmung. Eine Ausnahme wird man nur dann zulassen dürfen, wenn wegen einer wirtschaftlichen oder sozialen Abhängigkeit eines Aktionärs zur Gesellschaft oder wegen erheblichen Drucks aus der Versammlung das Recht zur freien Stimmrechtsausübung bei einer offenen Abstimmung beeinträchtigt wäre.
(Folge 35-2021)