Die zwischen zwei Grundstücken einzuhaltenden Grenzabstände für Pflanzen gelten nicht, wenn es sich um Anpflanzungen auf öffentlichen Verkehrsflächen handelt. Zu den Verkehrsflächen gehören auch die Böschungen. Der Kreis (Straßenbaulastträger) brauchte bei der Bepflanzung damals keinen Abstand zu Ihrem Acker einzuhalten. Zudem enthält das Straßen- und Wegegesetz NRW eine Duldungspflicht für Pflanzungen an Straßen. Danach haben die Grundstückseigentümer die Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und der Nebenanlagen und die Maßnahmen zu ihrer Erhaltung zu dulden.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW hat sich 1999 mit dieser Duldungspflicht beschäftigt. Es hat einerseits festgestellt, dass die Duldungspflicht von vernünftigen Gemeinwohlgedanken getragen ist. So kann die Bepflanzung des Straßenkörpers der Straßengestaltung dienen, zum Beispiel Befestigung der Böschung oder Windschutz. Zudem können gestalterische und landschaftsästhetische Funktionen eine Rolle spielen. Die Duldungspflicht dürfe aber nicht dazu führen, so das OVG, dass der Eigentümer jegliche Beeinträchtigungen auf dem angrenzenden Grundstück in Kauf nehmen müsse. Vielmehr sei das öffentliche Interesse mit den Belangen des benachbarten Grundstückseigentümers abzuwägen.
Das OVG räumt dem Eigentümer des angrenzenden Grundstücks das Recht ein, störende Äste selbst abzuschneiden. Dies sei nachdem Gesetzestext und rechtzeitiger Ankündigung gegenüber der Straßenbaubehörde im Hinblick auf eindringende Wurzeln bereits zulässig. Allerdings könne der Eigentümer nicht verlangen, dass ihm die Behörde seinen Aufwand für den selbst durchgeführten Rückschnitt ersetzt (OVG NRW, Urteil vom 21. September 1999, Az. 23 A 875/97).
Ragen in Ihrem Fall die Äste der Bäume derart in den Lichtraum Ihres Ackers, dass eine Bewirtschaftung bis an die Grenze nicht mehr möglich ist, dürfen Sie die Äste selbst abschneiden. Das aber darf nicht zur Unzeit geschehen. Ferner müssen Sie den Rückschnitt dem Straßenbauamt anzeigen.
(Folge 51-52/2019)