Der Eigentümer eines Grundstücks kann Zweige, die vom Nachbargrundstück herüberragen, abschneiden. Doch zuvor muss er dem Nachbarn eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt haben. Das Abschneiderecht (§ 910 BGB) sowie der Beseitigungsanspruch (§ 1004 BGB) bestehen nicht, wenn die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht oder nur kaum beeinträchtigen. Ihr Nachbar müsste in diesem Fall beweisen, dass die Äste seiner Linde Ihr Grundstück nicht beeinträchtigen.
Ob eine solche, nach objektiven Maßstab zu beurteilende, nicht unerhebliche Beeinträchtigung Ihres Grundstücks speziell unter Berücksichtigung Ihres Bauvorhabens vorliegt, können wir nicht beurteilen. Maßgeblich ist, wie weit die Zweige der Linde auf Ihr Grundstück ragen und wie nahe sie Ihrem Bauvorhaben kommen.
Wird Ihr Grundstück durch die Äste wesentlich beeinträchtigt, haben Sie die Möglichkeit, Ihrem Nachbarn eine Frist zu setzen, innerhalb der er die Zweige zu entfernen hat. Bei der Fristsetzung müssen Sie die Wachstumsperiode des Baumes berücksichtigen. Weisen Sie Ihren Nachbarn darauf hin, dass Sie die Zweige selbst zurückschneiden, falls er untätig bleibt. In diesem Fall können Sie die Beseitigungskosten vom Nachbarn nach § 1004 BGB ersetzt verlangen.
Bevor Sie die Äste abschneiden, sollten Sie das Problem mit einem Baumsachverständigen oder Anwalt vor Ort besprechen. Falls das Grundstück mit der Linde im Innenbereich der Gemeinde liegt, könnte eine Baumschutzsatzung gelten. Sie wird Ausnahmetatbestände für das Fällen oder Zurückschneiden beinhalten. Auch als betroffener Nachbar können Sie beantragen, dass die Linde gefällt wird.