Bei dem Gestattungsvertrag, den Sie mündlich mit Ihrem Nachbarn abgeschlossen haben, handelt es sich um eine Leihe. Leihe liegt nach § 598 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor, wenn der Verleiher dem Entleiher den Gebrauch einer Sache unentgeltlich gestattet. Sie haben Ihrem Nachbarn unentgeltlich die Durchleitung Ihres Grundstücks gestattet. Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben. Sie aber haben keine feste vertragliche Zeit vereinbart.
Nach § 604 Abs. 2 BGB ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher "den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat", wenn keine Zeit für die Leihe bestimmt war. Es stellt sich daher die Frage, zu welchem Zweck 1995 die Leitungsgestattung erfolgte.
Der Zweck könnte ganz allgemein darin bestehen, das Regenwasser vom Nachbargrundstück fortzuleiten. Dieser Zweck wäre heute noch nicht erfüllt, wenn der Gestattungsvertrag darauf gerichtet ist, dass das Regenwasser dauerhaft in den Vorfluter abgeleitet wird. In diesem Fall wäre die Leitung also kein Behelf, sondern eine Dauerlösung.
Andererseits könnte der Zweck der Leihe auch darin bestanden haben, dem Nachbarn zu helfen. Nachdem er sein Haus nun verkauft hat, wäre der Zweck der Leihe beendet. Gleichzeitig wäre das Durchleitungsrecht nach § 604 Abs. 2 BGB erloschen.
Sie haben offenbar mit dem Nachbarn keinen eindeutigen Zweck der Leihe vereinbart. Dazu regelt § 604 Abs. 3 BGB, dass, wenn die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen ist, der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern kann. Allerdings darf dies nicht zur Unzeit erfolgen und nicht wider den Grundsatz von Treu und Glauben.
Die Rechtslage in Ihrem Fall ist unklar. Wir wissen nicht, ob die Leitung dauerhaft der Fortleitung von Regenwasser dienen sollte oder nur so lange, wie Ihr Nachbar dies persönlich nutzen kann. Sie sollten dem Käufer des Grundstückes die Gelegenheit geben, eine andere Lösung zu finden.