Der Graben entwässert vermutlich die angrenzenden Grundstücke. Damit fällt er unter den Gewässerbegriff des Landeswassergesetzes (LWG), was Auswirkungen auf die Unterhaltung hat. Fließende Gewässer im Sinne des Gesetzes sind oberirdische Gewässer mit ständigem oder zeitweiligem Abfluss, die der Vorflut für Grundstücke mehrerer Eigentümer dienen (§ 2 Abs. 2 S.1 LWG NRW). Die Unterhaltung der fließenden Gewässer obliegt den Anliegergemeinden. Haben Wasserverbände die Gewässerunterhaltung übernommen, obliegt ihnen die Gewässerunterhaltung. Das ist bei Ihnen nicht der Fall, da Ihre Stadt den Graben räumt.
Zur Gewässerunterhaltung gehören: Die Erhaltung des Gewässerbettes, damit das Regenwasser weiter sicher abfließt, die Freihaltung der Ufer sowie die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen.
In der Praxis mähen und räumen in der Regel Lohnunternehmer die Böschungen und das Gewässerbett im Auftrag der Kommune. Damit sie die Arbeiten mit Baggern oder Schleppern und angehängten Geräten durchführen können, müssen die Böschungen weitgehend frei bleiben. Auch wenn das Setzen von Pflanzen im Einzelfall der ökologischen Aufwertung dient, darf es nicht ohne Zustimmung der Stadt erfolgen.
Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Grenze in der Mitte des Grabens verläuft und der Nachbar Eigentümer seiner Böschung ist. Die Unterhaltung des Gewässers trifft die Stadt als öffentlich-rechtliche Verpflichtung, gegenüber deren Erfüllung die Freiheit des Eigentümers, mit seinem Grund und Boden etwa im Rahmen einer Bepflanzung frei zu verfügen, eingeschränkt wird. Der Nachbar muss als Gewässereigentümer die Unterhaltungen am Gewässer dulden.
Das Setzen der Kopfweidenstecklinge wäre also nur zulässig, wenn der Nachbar seine Pflanzaktion mit der Stadt abgestimmt hat. Liegt dies nicht vor und kann auch nachträglich nicht erteilt werden, muss der Nachbar die Stecklinge wieder entfernen.
(Folge 15-2021)