Bei der Herstellung oder wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers handelt es sich nach § 67 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) um einen Gewässerausbau, der einer Genehmigung bedarf. Herstellung bedeutet die erstmalige Schaffung eines Gewässers, wozu auch das Anlegen von Entwässerungsgräben zählt. Die Landeswassergesetze können jedoch kleine Gewässer von untergeordneter Bedeutung von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausnehmen. Dann gelten die Genehmigungspflichten nicht.
§ 2 Abs. 2 des Landeswassergesetzes NRW (LWG) bestimmt hierzu Folgendes. Fließende Gewässer im Sinne des LWG sind oberirdische Gewässer mit ständigem oder zeitweiligem Abfluss, die der Vorflut für Grundstücke mehrerer Eigentümer dienen. Grundsätzlich sind also nach dem LWG Entwässerungsgräben, welche der Entwässerung der landwirtschaftlichen Grundstücke dienen, in denen sie das Dränagewasser aufnehmen, auch Gewässer im Sinne des Gesetzes.
Allerdings gehen wir in Ihrem Fall davon aus, dass in dem angelegten Graben keine Grundstücksentwässerung durch Dränagen stattfindet, sondern lediglich Regenwasser aufgefangen wird. Bereits deswegen könnte hier fraglich sein, ob es sich um einen Entwässerungsgraben im Sinne des Gesetzes handelt. Darüber hinaus ist für die Qualifizierung als Gewässer erforderlich, dass es sich um ein Gewässer mit ständigem oder zeitweiligem Abfluss handelt, welches der Vorflut für Grundstücke mehrerer Eigentümer dient. Auch wenn eine klassische Entwässerung durch Dränagen hier vorliegen sollte, würde daher kein Gewässer vorliegen, sofern diese Entwässerung nur für das Grundstück Ihres Nachbarn gilt.
Unter diesen Voraussetzungen wäre eine wasserrechtliche Genehmigung also nicht erforderlich.
Hätte der Nachbar einen Grenzabstand einhalten müssen? Das Nachbarrechtsgesetzes NRW sieht Abstandsvorschriften vor, die allerdings im Wesentlichen für Einfriedungen eines Grundstücks und für das Pflanzen von Bäumen, Sträuchern oder Hecken gelten.
§ 909 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sieht allerdings vor, dass ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden darf, dass der Boden des Nachbargrundstücks die Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist. Ob ein solcher Stützverlust hier gegeben ist, müsste im Zweifel ein Gutachter beurteilen. Sollte dies der Fall sein, können Sie den Nachbarn auf Beseitigung und Unterlassung verklagen.
Unabhängig davon kann es sich bei der Anlage eines Grabens um einen Eingriff in Natur und Landschaft nach dem Landesnaturschutzgesetz NRW handeln; dieser Eingriff wäre ausgleichspflichtig. Das aber müsste die zuständige Untere Naturschutzbehörde beim Kreis beurteilen.
(Folge 29-2018)