Wochenblatt-Leser Michael D. in G. fragt: Einige meiner landwirtschaftlichen Flächen grenzen an Wald an. Wenn ein Baum auf mein Grundstück fällt, wird mir der dann entstehende Schaden zum Beispiel am Weidezaun ersetzt? Was ist, wenn ein Experte diese als gesund eingestuft hat, der Baum aber offensichtlich krank war? Wem gehört der gestürzte Baum und wer muss diesen wegräumen? Wenn sich der Eigentümer nicht kümmert und ich den Baum selbst beseitige und verfeuere, ist das dann Diebstahl?
Heinrich Barkmeyer, Wald und Holz NRW, gibt Auskunft: Wenn ein Baum aus dem benachbarten Bestand auf Ihre landwirtschaftliche Fläche fällt und zudem einen Schaden, etwa an dem dort stehenden Weidezaun, anrichtet, hängen die Pflichten des angrenzenden Waldbesitzers insbesondere davon ab, in welchem Zustand sich der Baum vor dem Schadenseintritt befunden hat.
Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, welche Waldbesitzform betroffen ist, ob es sich also um Privat-, Kommunal- oder Staatswald handelt.
Gesunde Bäume
Ließ der äußere Zustand des Baumes vor dem Schadensereignis keine Rückschlüsse auf eine Schädigung des Baumes bzw. eine beeinträchtigte Standsicherheit zu, so scheidet eine Ersatzpflicht des Waldbesitzers regelmäßig aus. Dabei ist es unerheblich, ob die Sichtkontrollen im Randbereich des Bestandes durch den Waldbesitzer selbst oder durch einen von ihm beauftragten Dritten, etwa einen Baumkontrolleur, durchgeführt worden sind. Der Schaden an Ihrem Zaun ist in diesem Fall ohne ein Verschulden des Nachbarn als Eigentümer des umgestürzten Baumes eingetreten.
Mangels eines Verschuldens trifft ihn dann auch keine Verpflichtung zur Beseitigung des Schadens. Zudem könnte er sein Eigentum an dem umgestürzten Baum aufgeben und diesen an der Grundstücksgrenze abtrennen. Zum Wegräumen des Holzes von Ihrer Fläche wäre er in diesem Fall nicht verpflichtet, so dass Sie dieses anschließend selbst verwerten könnten. Klären Sie die Aufgabe des Eigentums aber durch eine Rücksprache mit dem Waldbesitzer, bevor Sie das Holz für sich verwerten, um späteren Ärger vorzubeugen.
Kranke Bäume
Hier wird geprüft, ob der Waldbesitzer seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen ist und das Schadenereignis bei Pflichterfüllung hätte verhindert werden können. Hier können sich Ersatzansprüche ergeben und der Baumeigentümer muss den Baum beseitigen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Schädigung des Baumes für den Nachbarn zumindest sichtbar und eine mögliche Beeinträchtigung angrenzender Flächen, zum Beispiel im Zuge eines Sturms, vorhersehbar gewesen war. Sichtbare Schadbilder müssen den Waldbesitzer dazu veranlassen, jedenfalls im Randbereich zu Flächen Dritter ein besonderes Augenmerk auf den Zustand der Bäume zu haben.
Wenn der Nachbar die Verkehrssicherungspflicht verletzt hat
In einem solchen Fall haben Sie als betroffener Nachbar die Argumente auf Ihrer Seite, dass der eingetretene Schaden am Zaun aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Ihres Nachbarn nicht nur vorhersehbar, sondern letztlich auch ursächlich entstanden ist. Aufgrund dieses Verschuldens trifft den Nachbarn nicht nur eine Schadenersatzverpflichtung wegen des betroffenen Zaunes, sondern aufgrund seiner Störereigenschaft auch eine Verpflichtung zum Wegräumen des umgestürzten Baumes von Ihrer Fläche.
(Folge 15-2022)