Wer als Radler einen Reiter im Straßenverkehr überholen will, sollte dabei mindestens einen Abstand von 1,5 bis 2 m zum Pferd einhalten – und wer zu dicht überholt, verliert seinen Anspruch auf Schmerzensgeld, urteilt das Landgericht (LG) München I (Az. 19 O 6004/20).
Reiter und Radler auf dem Gehweg
Der Fall: Die Klägerin fuhr mit dem Fahrrad auf dem Gehweg. Vor ihr ritt der Beklagte, ebenfalls auf dem Gehweg. Der Gehweg war weder für Fahrräder noch für Reitpferde freigegeben. Die Klägerin klingelte und überholte das Pferd mit einem Abstand von 30 bis 40 cm. Dabei berührte sie mit dem Vorderreifen des Fahrrads mit dem leicht erhöhten Randstein links neben dem Gehweg, stürzte und brach sich den linken Oberschenkelhals. Sie verlangte vom Reiter unter anderem ein Schmerzensgeld nicht unter 25000 €, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Es begann ein Streit darüber, ob das Pferd während des Überholvorgangs nach links – in Richtung der Klägerin – gezogen war und sie deswegen ausweichen musste.
Das Gericht urteilt
Das Gericht hörte beide Parteien zum Unfallhergang an. Es war danach nicht überzeugt, dass der Vortrag einer Seite plausibler war als der andere, oder dass eine Partei glaubwürdiger war.
Einen Anspruch konnte die Klägerin nach Auffassung des Gerichts auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte trotz des Klingelns nicht nach rechts auswich, weil hierzu im konkreten Fall nicht verpflichtet war. Ebenso wenig war rechtlich entscheidend, dass der Beklagte verbotswidrig auf dem Gehweg ritt, da sich das bloße Reiten auf dem Gehweg letztlich nicht bei der Unfallverursachung auswirkte. Da die Klägerin zudem selbst verbotswidrig auf dem Gehweg fuhr, konnte sie sich auf einen solchen Verkehrsverstoß des Beklagten nicht berufen.
Mindestabstand zum Pferd einhalten
Das Gericht merkte schließlich an, dass etwaige Ansprüche der Klägerin im Übrigen wegen der Schwere ihres Mitverschuldens ausgeschlossen wären, weil sie unter Zugrundelegung ihrer Darstellung jedenfalls den Mindestabstand beim Überholen eklatant unterschritten hätte. Zu Pferden ebenso wie zu Radfahrern ist nach Auffassung des Gerichts bei einem Überholvorgang regelmäßig ein Mindestabstand von 1,5 bis 2 m einzuhalten, um etwa auf plötzliche Reaktionen des Tieres oder Schlenker des Fahrradfahrers reagieren zu können. Ein Abstand von 30 bis 40 cm genügt jedenfalls nicht, urteilt das Gericht.