Wochenblatt-Leserin Adeleid R. in F. fragt: Wir sind drei Geschwister und eine Stiefschwester. Unser Vater erteilte uns eine notariell beglaubigte Generalvollmacht. Alle vier sollen wir auch in Vaters Namen Entscheidungen treffen können. Mit der Stiefschwester gibt es Streit. Wir haben ihre Vorsorgevollmacht widerrufen. Die Stiefschwester sagt, wir hätten nicht das Recht dazu. Was können wir tun?
Rechtsanwältin Silke Trappmann vom WLV gibt Auskunft: Mit einer Generalvollmacht überträgt der Vollmachtgeber dem oder den Bevollmächtigten, die Befugnis, an seiner Stelle zu handeln, wenn er hierzu selbst nicht mehr in der Lage ist. Grundsätzlich kann nur der Vollmachtgeber eine Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen. Sind mehrere Bevollmächtigte gleichrangig eingesetzt, so kann eine Vorsorgevollmacht nicht durch einen Bevollmächtigten gegenüber dem anderen Bevollmächtigten widerrufen werden. So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe kürzlich entschieden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. Januar 2022).
Wille des Vollmachtgebers entscheidend
Das Oberlandesgericht begründet seine Entscheidung damit, dass andernfalls der Wunsch des Vollmachtgebers, mehreren Personen eine Einzelvertretungsmacht einzuräumen, entgegengewirkt werde, da jeder Bevollmächtigte ständig der Gefahr ausgesetzt wäre, dass seine Vollmacht durch einen anderen Bevollmächtigten widerrufen würde. Es käme dadurch zu einem Wettlauf der Bevollmächtigten, um sich gegebenenfalls die Position eines ausschließlichen Bevollmächtigten zu verschaffen.
In seiner Entscheidung stellt das OLG darauf ab, dass genau dies der Vollmachtgeber nicht gewollt habe, als er mehrere einzelvertretungsberechtigte Bevollmächtigte einsetzte.
Kontrollbetreuung beantragen
Es spricht daher vieles dafür, dass die auf Ihre Stiefschwester ausgestellte Vollmacht, trotz des Widerrufs durch Sie, weiter Bestand hat. Zur Klärung steht Ihnen folgende Möglichkeit offen:
Wenn es zu Streitigkeiten bei der Umsetzung der Vorsorgevollmacht kommt oder eventuell sogar der Missbrauch der Vorsorgevollmacht im Raum steht, kann eine Kontrollbetreuung nach § 1896 Abs. 3 BGB beantragt werden. Sodann würde ein externer Dritter die Tätigkeit des Bevollmächtigten kontrollieren.
Eine Kontrollbetreuung wird jedoch erst dann installiert, wenn durch die Ausübung der Vollmacht die Interessen des Vollmachtgebers eine konkrete Beeinträchtigung erfahren. Ist ein Kontrollbetreuer eingesetzt, kann dieser bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch eine Vollmacht widerrufen.
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(Folge 31-2022)