Aus § 1967 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt sich, dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten haftet. Doch jeder Erbe hat das Recht, die Erbschaft auszuschlagen. Die Frist beträgt sechs Wochen. Sie beginnt „mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt“.
Das bedeutet: Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Erbe von den maßgeblichen Umständen zuverlässige Kenntnis erlangt hat, sodass er davon ausgehen muss, dass er Erbe geworden ist.
Sie hatten uns mit Ihrer Anfrage ein Beispiel genannt, bei dem die einzige Tochter und deren Kinder keinen Kontakt mehr zum Vater bzw. Großvater hatten und der Vater kein Testament hinterlassen hatte. Es erscheint uns nicht unwahrscheinlich, dass der Erblasser seine Angehörigen von der Erbschaft ausgeschlossen hat. Somit beginnt die 6-Wochen-Frist in Ihrem Fall nicht mit der Kenntnis des Todes des Erblassers, sondern mit der verlässlichen Kenntnis, dass er kein Testament oder eine andere letztwillige Verfügung hinterlassen hat.
Ist die Frist verstrichen, gilt die Erbschaft als angenommen (§ 1943 BGB). In diesen Fällen hat der Erbe zwei weitere Möglichkeiten:
- Er kann die Annahme der Erbschaft anfechten. Dies ist nach § 1954 Abs. 1 BGB binnen weiterer sechs Wochen möglich. Das setzt aber einen Irrtum voraus. Die Überschuldung des Nachlasses kann zur Anfechtung berechtigen, wenn der Erbe unrichtige Vorstellungen über die Zusammensetzung des Nachlasses hat.
- Der Erbe kann die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass beschränken, wenn eine Nachlasspflegschaft (Nachlassverwaltung) angeordnet oder ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wird. Damit kann der Erbe erreichen, dass er – obwohl er die Erbschaft angenommen hat – nicht mit seinem Privatvermögen für die Schulden des Erblassers haftet.
(Folge 2-2020)