Wochenblatt-Leserin Annette U. in I. fragt: Ich beabsichtige, ein Testament mit einer Vorerbschaft zu erstellen. Diese soll sowohl im Testament stehen als auch im Grundbuch. Die Vorerbschaft soll mit dem Tod des Längstlebenden enden. Ich möchte, dass die Vorerbschaft in jedem Fall rechtsbindend ist, wie kann ich das erreichen?
Hubertus Schmitte, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: § 2100 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmt, dass der Erblasser einen Erben in der Weise einsetzen kann, „dass dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist.“ Der Erblasser hat also – ausnahmsweise – die Möglichkeit, zwei Erben zeitlich nacheinander einzusetzen. So planen Sie es. Sie wollen zuerst die eine Person zum Erben einsetzen (das ist der Vorerbe), dann die andere (das ist der Nacherbe).
Sofern zum Nachlass Grundstücke gehören, wird die Nacherbschaft im Grundbuch eingetragen in dem Moment, in dem der Vorerbfall eingetreten ist. Der Grund besteht darin, dass nach § 2112 BGB der Vorerbe grundsätzlich wie ein Volleigentümer behandelt wird, er kann also über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände frei verfügen, diese beispielsweise verkaufen oder übertragen. § 2113 Abs. 1 BGB macht aber hinsichtlich Grundstücken die Ausnahme, dass Verfügungen des Vorerben im Falle des Eintritts der Nacherbfolge immer dann unwirksam werden, wenn sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würden. Gegenüber dem Nacherben werden also Verfügungen des Vorerben zum Zeitpunkt des Nacherbfalls unwirksam. Für jeden ist daher aus dem Grundbuch ersichtlich, dass Nacherbschaft angeordnet wurde und somit zu erwarten ist, dass eine Verfügung über das Grundstück wie beispielsweise die Übertragung des Grundstücks unwirksam werden kann. Dies dient dem Schutz des Nacherben.
Die Vorerbschaft kann aber nicht bereits mit der Errichtung des Testamentes im Grundbuch eingetragen werden. Dies geht erst mit Eintritt des Vorerbfalls, also Ihres Todesfalles. Denn möglicherweise wird das Testament ja noch geändert.
Allerdings wird die Einsetzung eines Nacherben 30 Jahre nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Nacherbfall eingetreten ist. Nach Ablauf von 30 Jahren wird der Vorerbe also Vollerbe.
Davon macht das Gesetz aber zwei Ausnahmen. Wichtig ist die, dass diese „30er-Regel“ nicht gilt, wenn die Nacherbfolge angeordnet ist für den Fall des Todes des Vorerben. Hat also der Erblasser angeordnet, dass der Nacherbfall erst mit dem Tod des Vorerben eintreten soll, so gilt die Regel nicht. Der Vorerbe kann dann also auch durchaus länger als 30 Jahre Vorerbe sein, er wird nicht Vollerbe. Dies ist Ihr Fall: Sie wollen die Vorerbschaft ja anordnen für den Fall des Todes des Vorerben.
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(Folge 38-2022)